Trester, so nennt man Pressrückstände aus der Weinproduktion im Fachjargon. Doch kann man diese Rückstände recyceln und zu Schuhen verarbeiten? Gründerin Viola Weller macht genau das: Sie entwirft Sneaker und Schnürsenkel aus nachhaltigen Rohstoffen in europäischer Herstellung – von der Toskana über Porto bis nach Deutschland reicht ihre Produktionskette.
Bereits vor zwei Jahren startete ihre Marke mit ausgefallenen Satin-und Baumwoll-Schnürsenkeln. Nun hatte die junge Mannheimerin die Idee von schicken Schuhen, für die keine Tiere leiden müssen. Ihr erster Unisex-Schuh ist bereits im Vorverkauf erhältlich – und der weckt Interesse an der neuen Marke.
Sneaker mit toskanischem Ursprung
Dass die Modeindustrie einen wesentlichen Teil zur Umweltverschmutzung beiträgt, dürfte mittlerweile kein Geheimnis mehr sein. Dazu zählt auch die Schuhindustrie: Rund 70 Prozent der produzierten Schuhe werden noch immer in Asien hergestellt und verursachen durch die Herstellung und den Transport eine Menge an CO₂-Emissionen. Ganz zu schweigen davon, dass umweltschädliche Materialien wie Leder oder Plastik verarbeitet werden.
Um dem entgegenzuwirken, gibt es bereits seit einigen Jahren vegane Schuhalternativen, Vorreiter war hier beispielsweise das Schuh-Start-up Sorbas Shoes aus Berlin, das schon seit 2015 vegane Treter aller Art verkauft. Auch bekannte Marken wie Adidas oder Reebok sind auf den Nachhaltigkeitstrend angesprungen. Im Sortiment des beliebten Pantoletten-Herstellers Birkenstock findet man nun auch klassische Modelle wie „Boston“ oder „Arizona“ in nachhaltiger Ausführung aus Kunstleder.
Viola Wellers großer Traum war schon immer eine eigene Accessoire-Kollektion. „Irgendetwas mit Schuhen oder Handtaschen“, sagt die 27-Jährige. Da es vegane Taschen bereits in etlichen Formen und Farben auf dem Markt gibt, entschied sie sich, zunächst ihren eigenen Schuh zu designen. Der sollte aber vollständig vegan und nachhaltig sein. Weller erklärt, dass sie es nicht verantworten könne, wenn Tiere für ihre Produkte leiden müssten.
Daher kam es für sie nicht infrage, herkömmliche Ledersneaker auf den Markt zu bringen. Von Hanf über Kork bis hin zu Ananas- oder Kaktusleder: Nachhaltige Rohstoffe, aus denen vegane Schuhe hergestellt werden können, gibt es so einige. Da Viola Weller in einer Weinregion in der Pfalz aufgewachsen ist, entstand die Idee, Sneaker aus sogenannter Grapeskin zu entwerfen.

Italien produziert als weltweit führendes Weinbauland jährlich rund 50 Millionen Hektoliter Wein. Warum die Abfälle einfach wegwerfen? Rückstände, die beim Keltern anfallen, dazu zählen Traubenkerne, -häute und Reststoffe, kann man mit Traubenkernöl und einem wasserbasierten PU-Bindemittel vermischen, sodass eine dickflüssige Paste entsteht. Aufgrund der Farbe der Trauben ist die Paste etwas verfärbt.
Um die gewünschte Farbe zu erhalten, wird anschließend ein pflanzenbasierter Farbstoff hinzugegeben. Die fertige Paste wird dann mit einer Walze verdichtet und zu einem lederähnlichen Material gepresst. Die Körnung der Oberfläche unterscheide sich kaum von herkömmlichen Sneakern, so die Gründerin. Dadurch gelingt es, die glatte Lederoptik aus Weinrückständen zu designen. Auch Maisleder sei in den Schuhen verarbeitet. Letztendlich werden die fertigen Materialien von Italien nach Portugal geschickt, wo die eigentliche Schuhproduktion stattfindet.
„Nothing to hide“: Die Produktionskette transparent halten
Die Produktion des Traubenleders findet vollständig in Europa statt: Ein klarer Vorteil gegenüber anderen veganen Lederalternativen wie Kaktus- oder Ananasleder, das hauptsächlich in Südamerika gewonnen wird. Um den Herstellungsprozess besser nachvollziehen zu können, zog die Designerin selbst Anfang des Jahres für einige Wochen nach Portugal. Getreu dem Motto „Nothing to hide“ möchte Weller eine transparente Produktionskette ihrer Schuhe gewährleisten. Sie lege Wert darauf, mit Menschen zu arbeiten, die für sie wichtige Werte in puncto Umwelt- und soziale Standards teilen. Diese fand sie in einer Produktionsstätte in Porto, die bereits mit einigen kleinen Start-ups zusammengearbeitet hatte. Auch der mittlerweile große Modekonzern Axel Arigato hatte hier seinen Ursprung.
Der portugiesische Produzent hat Erfahrung mit der Verarbeitung von Traubenleder. Er versicherte Weller, dass das Material sich gut eigne, da es sehr weich sei und sich dem Fuß anpasse. Nichtsdestotrotz soll die nachhaltige Lederalternative robust und widerstandsfähig sein, sodass keine Gehfalten oder Risse entstehen. An der Zusammenarbeit gefiel Viola Weller vor allem der Enthusiasmus für ihre Vorstellungen: „Ich hatte meine Idee ganz oldschool auf einem Blatt Papier vorgezeichnet. Der Produzent ging sofort darauf ein und wollte jedes Detail umsetzen.“
Die veganen Sneaker kommen in einem Vintage-inspirierten Design in schlichten Weiß- und Graunuancen daher, mit kleinen, goldfarbenen Details als Hingucker. So findet man an der Seite den Buchstaben V, der sowohl für den Anfangsbuchstaben der Marke als auch von Wellers Vornamen steht. Für eine persönliche Note sorgen außerdem die drei übereinander liegenden kleinen Nähte an der rechten Seite des Schuhs.





