Es gibt sie nicht mehr, die großen Fashion-Trends? Das mag sein. Doch für Traurigkeit bleibt keine Zeit, denn ein Blick auf die aktuellen Kollektionen versöhnt mit dem Ungemach der fehlenden Agenda im Modegeschehen. Die textile Vielfalt, aus der wir heutzutage schöpfen können, bringt uns doch dem Ziel, endlich ein eigenständiges Individuum zu sein, ein Stückchen näher! Oder nicht?
Und ganz verschwunden sind sie ja trotzdem nicht, die Trends. Es gibt nur eben ganz viele nebeneinander. Auf den Modewochen in Mailand und Paris kristallisieren sich einige als besonders interessant heraus.
1. Schleppen
Wer hätte gedacht, dass die Schleppe in unserer Zeit ein derartiges Revival feiert, war sie doch Teil historischer Garderobe, die nur wenig Aktivität erlaubt. Dennoch haben Miuccia Prada und Raf Simons sie bereits im letzten Jahr an Miniröcke gehangen, in der neuen Prada-Kollektion ist sie nun an Kleidern und Jacken zu sehen. Und damit das gute Stück Stoff nicht über Stock und Stein schleift, ist es zum Beispiel am Blazer verkürzt und schwebt schonend weit über dem Boden. Auch andere italienische Marken wie Max Mara und Sportmax präsentieren Schleppen als textiles Dekor für den nächsten Sommer. Da alle Schleppen sehr schmal geschnitten sind, lassen sie sich immerhin gut um den Arm wickeln, wenn man den Bus noch bekommen möchte. Generell ist die überlange Stoffbahn aber nur an Ausgehgarderobe akzeptabel, denn unpraktisch bleibt sie trotzdem.


2. Partnerlook
Bei Zwillingen ist er süß, bei Paaren wirkte er stets lächerlich: der Partnerlook. Mailands Modewelt scheint ihn zu lieben, denn allerorten zeigten sich bei den Schauen zwillingsartige Duos in fein aufeinander abgestimmter Kleidung im Publikum. Ein japanisches pinkhaariges Zwillingspaar stach mit korrespondierender, aber nie identischer Kleidung besonders hervor (auf Instagram: @amixxamiaya). Die Apotheose des Doppelt-gemoppelt-Trends feierte schließlich Gucci mit seiner neuen Kollektion, die auf dem Runway von Zwillingen präsentiert wurde – wenn auch nicht alle echte Zwillinge waren. Die Mutter von Alessandro Michele sei auch ein Zwilling, heißt es in den Show-Notizen, sie und ihre Schwester hätten den Kreativdirektor zu diesem Runway-Setting inspiriert.


3. Durchsichtige Röcke und Hosen
Durchsichtige Oberteile gibt es immer wieder. In der kommenden Saison verstärkt sich jedoch der Trend zum durchsichtigen Unterteil, sprich Rock oder Hose. Bei Dries Van Noten zeigen sich diese Looks in floraler Delikatesse. Bei Prada gibt es knöchellange See-through-Röcke sowie gleich einen ganzen Mantel aus durchsichtigem Nylon. Chloés durchsichtige Looks sind etwas grobmaschiger und bestehen aus Ober- und Unterteil. In den Alltag lassen sich diese Stücke durch gekonntes Layering übersetzen, also einer blickdichten Schicht darunter. Auch Oversize-Blazer oder eine lange Jacke lassen sich gut zu durchsichtigen Beinkleidern kombinieren. Die Boudoir-Variante zeigte Gauchere: ein Slipdress mit Cut-outs an unbedenklichen Stellen, die mit fragiler Spitze befüllt sind.


4. Einteiler
Einteiler oder Onesies sehen ja immer ein bisschen aus wie Arbeitskleidung. Das Gute ist jedoch, dass sie die Figur strecken. Auch in der nächsten Saison beglücken uns die Modedesigner wieder mit Einteilern aller Art. Die neue Sportmax-Kollektion, in der viele All-over-Looks zu sehen waren, enthält auch einen Einteiler mit kurzem Höschen, der aussieht wie ein Body. Wie wäre es, dieses Teil im nächsten Sommer mit einem durchsichtigen Rock zu kombinieren? Bei Prada sehen die Einteiler etwas legerer aus, ein weißes Exemplar wurde auf dem Runway unter einem Schleppen-Mantel gezeigt. Die schnellsten Einteiler gab es jedoch bei Ferrari zu bestaunen: Kreativdirektor Rocco Iannone legte originale Rennanzüge neu auf. So wird der nächste Sommer rasant!



5. Handliche It-Bags
Noch sind die Minitaschen nicht vollkommen von der Bildfläche verschwunden, da zeigen sich schon die ersten geräumigeren Exemplare auf dem Laufsteg. Besonders oft ist die mittelgroße Tasche zu sehen, die jedoch meist nicht an der Schulter hängt, sondern am Henkel getragen wird oder direkt in der Hand ruht wie eine Clutch. Dries Van Noten präsentierte It-Pieces mit überlangen Fransen, die hervorragend zum Schleppen-Look passen. Bei Gucci hingegen geht es auch im nächsten Sommer gewohnt verspielt zu mit Taschen, an denen Plüsch-Gremlins baumeln. Prada zeigte neue Exemplare der Re-Edition 1995, einem eleganten Klassiker im mittleren Format, den ein Hauch von Hitchcock-Blondine und Business umweht, inklusive After-Work-Cocktail.



Weitere Reels und Bilder von den Schauen in Mailand und Paris gibt es hier.


