Ehrfürchtig schauen die jungen Journalisten, routiniert fragen die alten Hasen. Oder besser gesagt Häsinnen, denn es scheinen vor allem weibliche Journalisten zu sein, die hier in Italien die Modepresse bestimmen. Im Vergleich zu Deutschland ist das schon erstaunlich.
Gesprochen wird ausschließlich auf Italienisch. Giorgio Armani sitzt auf einem Stuhl, um ihn herum steht seine Entourage. Gerade hat er die neue Armani-Männerkollektion für den Sommer 2024 präsentiert. Am 11. Juli wird der Mode-Maestro 89 Jahre alt. Er wirkt aufgeräumt, zu Scherzen aufgelegt. Was für ein Moment!
Es ist Tradition, dass Giorgio Armani die Modenschauen seiner gleichnamigen Hauptmarke im Untergeschoss seines Wohnhauses in der Via Borgonuovo 21 durchführt. Wer die Ehre hat, unter den wenigen geladenen Gästen im Armani-Palazzo zu sein, der erlebt eine Reise in die guten alten Zeiten. Als es noch kein Social Media gab und Modejournalisten die Ersten waren, die eine Kollektion sahen. Als sie nur Zettel und Stift hatten und sich Notizen machen mussten, um den interessierten Zeitungslesern die neuen Entwürfe möglichst genau beschreiben zu können. Ein überdimensionaler Bleistift steht im Raum, an der Wand „Giorgio“, die Unterschrift Armanis. Seine Schrift ist so elegant wie seine Mode.

Und dann kommen sie, die Armani-Männer. In klassischer Sommerkleidung, leichten Blazern, Shorts und Hemden, Westen und Hüten. Mit zurückgegelten Haaren und muskulösen Schultern. Seidentücher und Krawatten sind die Accessoires in sagenhaften 81 Looks. Es gibt strahlendes Weiß, Blau in allen Schattierungen, Beige, Grau und einige grafische Muster. Die Stoffe flattern luxuriös um die Körper der Models und sie gehen sehr langsam den kurzen Laufsteg entlang. Man kann sich richtig vorstellen, wie diese Italo-Typen auf dem heißen Mailänder Pflaster entlangschlendern und „Ciao bella“ rufen. Oder wahlweise „Ciao bello“, je nachdem.

Die Show wird in zwei Durchgängen gezeigt, denn es gibt nicht mehr als 196 Sessel in dem schlichten weißen Raum. Die Gäste, die darauf Platz nehmen, sind in klassischer Kleidung erschienen, fast wirkt es wie ein Business-Meeting bei all den Männern in den Armani-Anzügen. Und die Journalisten? Sie schreiben tatsächlich mit, machen sich Notizen. Keiner streamt auf Instagram, denn Internet gibt es in dem Raum keins. Ja, es fühlt sich tatsächlich an wie eine Zeitreise. Eine ganz wunderbare!


