Weltmeisterschaft 2022

Hansi Flick und Oliver Bierhoff nach dem deutschen WM-Aus: Projekt Abbruch

Bundestrainer Hansi Flick und Manager Oliver Bierhoff konnten das erneute Scheitern der deutschen Nationalmannschaft nicht verhindern.

Oliver Bierhoff (l.) und Hansi Flick stehen nach dem frühen deutschen WM-Aus in der Kritik.
Oliver Bierhoff (l.) und Hansi Flick stehen nach dem frühen deutschen WM-Aus in der Kritik.Imago/eu-images

Wie sehr es die Deutsche Fußball-Liga unter der Leitung der Technokratin Donata Hopfen tangiert, dass die von der Muttergesellschaft Deutscher Fußball-Bund mit deren Elitemannschaft des Landes unerfreulich früh bei der Weltmeisterschaft ausgeschieden ist, war am Freitagmorgen zu erfühlen. Da versendete die DFL-Zentrale eine Pressemitteilung in maximal bürokratischem Duktus.

Aufgrund einer „angepassten Lageeinschätzung der niedersächsischen Polizei“ würden die Begegnungen Eintracht Braunschweig gegen Hannover 96 und SSV Jahn Regensburg gegen den SC Paderborn 07 getauscht. Wäre das also geklärt. Nicht geklärt sind bedeutendere Fragen, mit denen sich Frau Hopfens Chef Hans-Joachim Watzke gemeinsam mit DFB-Präsident Bernd Neuendorf nun intensiv beschäftigen muss: die Zukunft von Hansi Flick als Bundestrainer und Oliver Bierhoff als Top-Manager des Verbands. 

Können diese beiden, die den DFB elf (Flick als Co-Trainer, Sportdirektor und Bundestrainer) und 18 Jahre (Bierhoff als DFB-Direktor, Präsidiumsmitglied und Geschäftsführer) an zentraler Stelle mit in den aktuellen Untergang navigiert haben, allfällige Herausforderungen für die Zukunft des deutschen Fußballs noch zufriedenstellend bewältigen?

Weder Flick noch Bierhoff selbst zweifeln daran, dass sie eine Perspektive aufbereiten können, welche die Kontrolleure als Strategie anerkennen. Mir einer aufwendigen PowerPoint-Präsentation dürfte ist es indes nicht getan sein. In seiner wenig prägenden Phase als DFB-Sportdirektor bewarb Flick unter Paukentrommel das DFB-Programm „Unser Weg. Erfolg entwickeln“, mit dessen Schubkraft eine „einheitliche Spiel-, Ausbildungs- und Trainingsvision über alle Leistungs- und Altersebenen etabliert werden“ sollte.

Hansi Flick hat einige diskutable Entscheidungen getroffen.
Hansi Flick hat einige diskutable Entscheidungen getroffen.IMAGO/Shutterstock

Oliver Bierhoff ist nie zur DFB-Basis durchgedrungen

Aber ihm fehlte die Power, Geduld und Rhetorik, die vielen guten Ansätze bis in die Niederungen des deutschen Vereinswesens zu transportieren. Abgelöst wurde der gescheiterte große Wurf durch das „Projekt Zukunft“. Bierhoff stellte auf dem DFB-Bundestag 2019 in einer großen Rede eindringlich und unverblümt die Probleme in der Talententwicklung dar.

Es waren gute Worte, aber der alerte Manager hat es nie geschafft, an der Basis durchzudringen. Seine Ausstrahlung ist den Menschen in den Amateurklubs fremd geblieben, was auf Gegenseitigkeit beruht und zu Blockadehaltungen führte, die der Sache nicht dienlich waren.

Auch mit seinem Großprojekt DFB-Campus wird Bierhoff, inzwischen Herr über fast 200 Mitarbeitende, den Verdacht nicht los, er denke in zu großen Linien für die Kleinen. Hansi Flick seinerseits ist von Bierhoff im Sommer 2021 mit bundesweit breiter Unterstützung in sein hohes Amt gehievt worden, seine Schwächen in der Außendarstellung wurden ihm großzügig nachgesehen.

Oliver Bierhoff wird sich für das erneut enttäuschende deutsche Abschneiden erklären müssen.
Oliver Bierhoff wird sich für das erneut enttäuschende deutsche Abschneiden erklären müssen.dpa/Federico Gambarini

Aber für die ganz großen Bühne einer Weltmeisterschaft wirkte Flick nun zu klein. Der Mann aus Mückenloch schaffte es in bedeutenden Momenten nicht aus seiner Haut. Die Souveränität, Lässigkeit und Weltgewandtheit seines Vorgängers geht ihm ab. Und er beging – umringt von einem Heer an Beratern und Assistenten – fachliche Fehler.

Auf seiner letzten Pressekonferenz in Katar monierte er das Fehlen einer echten 9 im deutschen Fußball. Doch auf die 9, die ihm zur Verfügung stand, formstark und torhungrig, verzichtete er freiwillig.