Fußball

Hertha-Trainer Sandro Schwarz will sich nicht vom Ergebnis blenden lassen

Die Berliner haben bei der Pokalniederlage in Braunschweig das gezeigt, was der Trainer sehen will. Jetzt gilt es, das Positive auch über 90 Minuten abzurufen.

Dodi Lukebakio (am Boden) zeigte in den Augen von Trainer Sandro Schwarz trotz der Niederlage von Hertha BSC bei Eintracht Braunschweig eine gute Leistung.
Dodi Lukebakio (am Boden) zeigte in den Augen von Trainer Sandro Schwarz trotz der Niederlage von Hertha BSC bei Eintracht Braunschweig eine gute Leistung.Imago/Christian Schroedter

Diese eine Nacht Schlaf hatte nicht viel verändert. Bei Sandro Schwarz herrschte am Tag nach der Pokalniederlage bei Eintracht Braunschweig „die gleiche Gefühlslage“ wie noch direkt nach dem Ausscheiden im Elfmeterschießen. „Und dennoch sind wir heute Morgen schon in der Analyse gewesen und haben der Mannschaft Bilder gezeigt“, erzählte der Cheftrainer von Hertha BSC nach der Montagseinheit, bei der auch wieder Marco Richter nach seiner Hodentumor-Operation in das Lauftraining eingestiegen war.

Eine Szene ist Sandro Schwarz besonders im Gedächtnis geblieben

Vor allem eine Szene hätte Schwarz seiner Mannschaft gar nicht zeigen müssen, sondern sie bildlich so gut wie in seiner Analyse während der Medienrunde am Montag beschreiben können. „Es war 4:31“, schoss es sofort aus ihm heraus, als er auf eine exemplarische Situation seiner Spieler in der fünften Minute angesprochen wurde: Ein langer Ball nach dem Abstoßverhalten hatte die komplette Hintermannschaft ausgehebelt und hätte Hertha in Rückstand gebracht, wenn Dedryck Boyata nicht noch für den bereits umkurvten Oliver Christensen per Grätsche zur Ecke geklärt hätte. Ob der Einfachheit der Entstehung dieser Chance fühlte man sich in dieser Szene an die Vorsaison erinnert, als dem Gegner phasenweise Tür und Tor geöffnet wurde und die Hintermannschaft sich Treffer um Treffer einhandelte. Zumal mit Marc-Oliver Kempf und Boyata in Braunschweig zwei Spieler die Innenverteidigung bildeten, die schon die katastrophale Rückrunde der vergangenen Spielzeit mitzuverantworten hatten.

Es würde nicht der Wahrheit entsprechen, wenn man nach vier Gegentoren bei einem Zweitligisten die Hintermannschaft als sattelfest bezeichnen würde. Ja, Boyata verursachte den Elfmeter in Hälfte zwei, beim zweiten Gegentreffer stand die komplette Defensive nicht gut, und vor dem dritten Tor der Braunschweiger in der Verlängerung konnte Kempf im entscheidenden Zweikampf die Situation nicht bereinigen. „Wir haben viele gute Sachen gezeigt“, relativierte der Trainer das Gesehene, „das, was uns auszeichnen sollte, aber auch, was uns nicht auszeichnen sollte. Die Konterabsicherung etwa, wo wir zwei Gegentore bekommen haben.“

Konterabsicherung aber ist keine alleinige Aufgabe der Verteidigung. Abwehrarbeit beginnt, wie in Minute 4:31 und vor dem vierten Gegentor, bereits in vorderster Reihe. „Da laufen wir schon nicht gut an und haben dann keinen Druck auf den Ball“, kritisierte Schwarz. „Da musst du mit der Kette schneller fallen und das frühzeitig erkennen, um da schneller in eine tiefere Position zu kommen.“ In den ersten 55 Minuten hat Hertha BSC das taktische Konzept des neuen Trainers gut umgesetzt, so zielstrebig, einfach und zudem so schnell gespielt, wie sich Sandro Schwarz das wünscht.

Dominantes Auftreten überdeckt auch die Unsicherheit in der Abwehr

Im Ergebnis entstanden daraus in der Offensive zahlreiche Torchancen – meist eingeleitet über Kapitän Marvin Plattenhardt und den emsigen Dodi Lukebakio –, die bei besserer Verwertung sogar schon in der ersten Hälfte für eine Vorentscheidung hätten sorgen können. In der Defensive wiederum war die Mannschaft aufgrund des dominanten Auftretens kaum gefordert, die noch immer nicht abgelegte Unsicherheit fiel somit gar nicht auf. „In der ersten Hälfte haben wir eine sehr gute Dominanz gehabt. Das Programm wird sein, das über die komplette Spielzeit aufrechtzuhalten“, sagte Sandro Schwarz. „Man darf sich jetzt nicht nur von dem Ergebnis blenden lassen.“ Stattdessen die Moral, mit der die Mannschaft in der Verlängerung aus einem 2:3-Rückstand eine 4:3-Fühung machte, positiv hervorstellen.

Besonders Rückkehrer Lukebakio, der ein überzeugendes Spiel machte und das 4:3 erzielte, aber natürlich auch der kompletten Mannschaft hätte der Trainer diesen Sieg für ein positives Gefühl gegönnt. „Wir hätten gerne so einen Startschuss gehabt“, sagte Sandro Schwarz und sammelte trotz der Niederlage noch eine wichtige Erkenntnis: „Die Mannschaft lebt.“