Zweite Fußball-Bundesliga

Hertha BSC vor dem Start in die Zweitligasaison: Kader unter Sparzwang

Hertha BSC startet gegen Fortuna Düsseldorf in die Zweitligasaison. Wie Sportdirektor Benjamin Weber unter Sparzwang einen Kader zusammengestellt hat.

Sportdirektor Benjamin Weber am 17. Juli im Trainingslager in Zell am See im Alois-Latini-Stadion
Sportdirektor Benjamin Weber am 17. Juli im Trainingslager in Zell am See im Alois-Latini-StadionRHR-Foto/imago

Nicht einmal ein halbes Jahr war Benjamin Weber in seinem neuen Amt, als er Anfang dieses Sommers seine lange Hausaufgabenliste vorgelegt bekam. Während bei anderen Menschen aktuell entspannte Strandbesuche oder zumindest das ausgiebige Genießen lauer Sommerabende auf der Agenda stehen, hat der Sportdirektor von Hertha BSC Stress. Schuld sind die zwei Hauptpunkte auf der sommerlichen To-do-Liste Webers: Einerseits Herthas Kader von Grund auf umzubauen und für die 2. Bundesliga zu rüsten, gleichzeitig aber zwischen 40 und 50 Millionen Euro Spielergehälter einzusparen.

Es war also eine komplexe Aufgabe, die es für Benjamin Weber und Hertha BSC zu lösen galt. Oder besser gesagt: Es ist eine komplizierte Aufgabe, die es auch dann noch zu lösen gilt, wenn Hertha BSC am Sonnabend (20.30 Uhr) auswärts bei Fortuna Düsseldorf in seine erste Zweitligasaison seit 2012/13 startet. Der Auftakt markiert das Ende einer Sommerpause mit vielen Baustellen für Hertha und zu wenig Zeit, diese alle zu beheben. So wird der Umbruch im Kader auch über den Saisonstart hinaus weitergehen.

Exakt 63 Tage lagen zwischen Herthas vorerst letztem Erstligaspiel in Wolfsburg Ende Mai und dem anstehenden Auftaktspiel in Düsseldorf. Besonders waren diese 63 Tage, weil Hertha aus der Bundesliga eine rund zwei Wochen längere Sommerpause gewöhnt ist. Problematisch waren die 63 Tage, weil die Berliner diese größtenteils in der Warteschleife des Transfermarktes verbrachten. Spieler wie Toni Leistner oder zuletzt Smail Prevljak und Palko Dardai konnten schließlich erst dann verpflichtet werden, als Vielverdiener wie Lucas Tousart, Krzysztof Piatek oder Alexander Schwolow von der Gehaltsliste gestrichen waren.

Drei Millionen Euro Ablöse für Tousart

Die Arbeit von Benjamin Weber wurde diesen Sommer hierdurch selbstverständlich nicht leichter. Schließlich ist die Verhandlungsposition eines Sportdirektors alles andere als gut, wenn dessen Gegenüber bei Vertragsverhandlungen weiß, dass er Spieler abgeben muss und dabei auch noch Zeitdruck hat. Drei Millionen Euro Ablöse für Tousart, der zunächst ablösefreie Wechsel von Piatek, der aufgelöste Vertrag von Schwolow – viele der insgesamt wenig ertragreichen Wechsel lassen sich so erklären. „Wir haben in Summe fast 20 Abgänge, auslaufende Verträge und Zugänge“, fasst Sportdirektor Weber die bisherige Bilanz des vom Sparzwang geplagten Hertha-Sommers auf einer Pressekonferenz am Donnerstag zusammen. „Trotzdem sind wir gut vorbereitet“, schob er anschließend hinterher.

Davon ist man bei Hertha überzeugt. Auch, weil das Vertrauen des Klubs in seine sommerlichen Zugänge groß ist. Unter denen fehlen auf den ersten Blick zwar große Namen und Akteure, die den Status eines Unterschiedsspielers bereits sicher haben. Dennoch dürfte der ein oder andere Zugang Hertha durchaus weiterhelfen. Acht Spieler haben die Charlottenburger verpflichtet, sechs davon ablösefrei. So steht Hertha bislang ein dringend benötigter Transferüberschuss von rund 13 Millionen Euro zu Buche. Insbesondere der aus Kiel geholte Fabian Reese, Heimkehrer Palko Dardai und der Ex-Unioner Toni Leistner sollen dennoch neue Impulse und eine neue Stabilität bringen. „Wir haben in der Mannschaft einen guten Mix“, sagt Benjamin Weber. „Jung, alt und erfahren“ – all das stecke laut dem Sportdirektor in Herthas neuem Kader, der insgesamt aber doch jünger und unerfahrener geworden ist.

Umso mehr kam es in der Saisonvorbereitung auf die Frage an, wie Pal Dardai mit den stetigen Veränderungen in seinem Kader umgehen würde. Am Donnerstag erklärte Herthas Cheftrainer einmal mehr, dass weder seine Mannschaft noch deren Vorbereitung allzu sehr unter der Turbulenz des Sommers gelitten hätten. „Egal, was man gelesen und gehört hat – die Mannschaft hat sich nicht ablenken lassen“, sagte Dardai. Stattdessen hätten seine Schützlinge in den vergangenen Wochen viel investiert und seien „schneller zusammengewachsen, als ich gedacht hätte“.

Erste Saisonspiele

Eine Prognose zum Saisonstart oder gar ein Saisonziel formulierte Pal Dardai am Donnerstag dennoch nicht, und auch Benjamin Weber hielt sich diesbezüglich sehr zurück. „Wir schauen uns die ersten Spiele an, und dann wird sich irgendwann abzeichnen, wo die Reise hingeht“, sagt Weber. Im Grunde ist dieses Abwarten für Hertha aktuell alternativlos. Zum einen, weil Spieler wie Smail Prevljak, Anderson Lucoqui und auch Jeremy Dudziak ihre Qualitäten und ihren Einfluss auf Herthas Spiel erst einmal beweisen müssen. Zum anderen, weil es zwischen den ersten Saisonspielen weitere Zu- und Abgänge geben wird.

Dodi Lukebakio beispielsweise trainiert weiterhin lediglich individuell und wartet nur darauf, bis Hertha sich mit einem interessierten Abnehmer einig wird. Erst dann hätte man wiederum den finanziellen Spielraum, um weiter an einer Verpflichtung der designierten Wunschspieler Serdar Dursun (Fenerbahce Istanbul) und Diego Demme (SSC Neapel) zu arbeiten. Ein Paradebeispiel für den Grad der Gewissheit in Herthas Kaderplanung bescherte am Donnerstag Pal Dardai, als er über den zuletzt verletzten Verkaufskandidaten Suat Serdar sprach. Der sei, laut Dardai, nach einer Blessur zwar zurück im Mannschaftstraining, aber noch fraglich für das Auftaktspiel in Düsseldorf. Spätestens nächste Woche zum Heimauftakt gegen Wehen Wiesbaden sei Serdar allerdings einsatzbereit, erklärte Dardai, ehe er ergänzte: „Wenn er dann noch hier ist, das weiß ich nicht.“

Fest steht: Für Sportdirektor Benjamin Weber gehen die Arbeit und der Spagat zwischen Kaderplanung und Sparmaßnahmen noch einige Wochen weiter.