Berlin-Eins muss man Felix Magath schon jetzt lassen: In seiner kurzen Amtszeit als Trainer von Hertha BSC hat er für eine Stimmung gesorgt, die sich in Jo-Jo-Manier von oben nach unten und umgekehrt bewegt. Wurde das 3:0 gegen Hoffenheim schon wie der Klassenerhalt gefeiert, war das Team nach dem 1:2 in Leverkusen und dem 1:4 im Stadt-Derby gegen den 1. FC Union in der Wahrnehmung vieler Fans bereits abgestiegen und die Stimmung am tiefsten Punkt angelangt, nur um eine Woche später wieder nach oben zu schießen. Nach dem 1:0-Sieg in Augsburg hoffen alle in Blau-Weiß wieder, und jeder lobt die taktischen und personellen Änderungen des 68-jährigen Fußballlehrers.
Spieler imponieren Felix Magath
So wie in Augsburg hatte man Hertha jedenfalls in dieser Saison bisher nicht gesehen. Von der ersten bis zur letzten Minute kämpften die Blau-Weißen um jeden Ball – und imponierten Magath, der seine Spieler bei seinem zweiten Spiel in Leverkusen (1:2) noch wegen der fehlenden Einstellung kritisierte. Diesmal war er glücklich: „Das war eine geschlossene Mannschaftsleistung. Alle haben alles gegeben, miteinander und füreinander gekämpft. So ist dieser Sieg herausgesprungen und so gehört es sich für Mannschaften, die im Tabellenkeller stehen.“
Unter der Woche noch ließ Magath aufhorchen, sprach offen darüber, dass Hertha BSC keine Leader im Kader hat, die auf dem Platz Verantwortung übernehmen. Ein Adressat: Abwehrchef und Kapitän Dedryck Boyata, der insgesamt eine schwache Saison spielt. Nicht so in Augsburg. Boyata, von Magath gekitzelt, spielte endlich mal wieder fehlerfrei, dirigierte lautstark die Kollegen und ging voran. Magath: „Er hat heute gezeigt, dass er ein Kapitän ist.“
Noch bedeutender war die Verwandlung von Kevin-Prince Boateng, den Magath mit den drei Worten „ich brauche dich“ explodieren ließ. Boateng war endlich und erstmals der Hertha-Anführer, der er seit Sommer sein sollte. Magath lobt den 35 Jahre alten Mittelfeldmann nach dessen erstem Startelf-Einsatz seit Oktober: „Er ist sehr wichtig für unsere Mannschaft. Er redet viel mit den Spielern. Er organisiert. So eine Figur haben wir gebraucht.“
Hertha BSC mit Kontinuität in der Abwehr
Die zweitgrößte Schießbude der Liga stand in Augsburg stabil. Magath hat daran großen Anteil, schickte zum vierten Mal nacheinander das gleiche Innenverteidiger-Paar (Boyata und Marc Kempf) aufs Feld (zuvor hatte Hertha in der laufenden Saison neun verschiedene Abwehrreihen). Die Kontinuität zahlt sich aus: Hertha blieb zum sechsten Mal in dieser Saison ohne Gegentreffer (bereits zweimal in vier Magath-Spielen).
Als Belohnung sprang Hertha auf Platz 15. Grund zur Euphorie gibt es für Magath vor den absoluten Abstiegskrimis gegen VfB Stuttgart (Sonntag, 17.30 Uhr) und eine Woche später in Bielefeld trotzdem nicht: „Letztendlich hat sich an der Situation wenig geändert. Wir sind drei Punkte näher an der Ersten Bundesliga, dürfen uns aber nicht zurücklehnen und müssen intensiv weiterbearbeiten. Wir sind weiterhin unter Druck.“

