Europameisterschaft

EM 2024: Thomas Müller bringt es beim Thema „Handgate“ auf den Punkt

Der verweigerte Strafstoß für die DFB-Elf im EM-Viertelfinale gegen Spanien erhitzt die Gemüter. Der Routinier hat dazu natürlich eine Meinung.

Jamal Musiala trifft mit seinem Schuss den Arm von Spaniens Marc Cucurella, der Elfmeterpfiff bleibt aus.
Jamal Musiala trifft mit seinem Schuss den Arm von Spaniens Marc Cucurella, der Elfmeterpfiff bleibt aus.Focus Images/Imago

Der erbittert geführte Kampf um die Deutungshoheit tobte auch am Tag nach dem „Handgate“ von Stuttgart. Der verweigerte Strafstoß für die deutschen Fußballer im EM-Viertelfinale gegen Spanien (1:2 n.V.) rief nahezu alle auf den Plan, die schon einmal einen Schiedsrichter-Pfiff aus der Ferne gehört hatten. Das Internet „explodierte“, der Zank der Experten hatte Züge eines Glaubenskrieges - dabei lief die treffende Zusammenfassung zu dem Dilemma bereits am späten Freitagabend bei „Radio Müller“.

„Die Handregel“, sagte Nationalspieler Thomas Müller nach dem enttäuschenden Aus, „ist ein verzwicktes Luder.“ Und genau das hatte jene Regel zum Unmut der Deutschen wieder einmal unter Beweis gestellt. Dass die Pfeife des englischen Schiedsrichters Anthony Taylor in der 106. Minute stumm blieb, obwohl Jamal Musiala den Ball unzweifelhaft an die Hand des im eigenen Strafraum stehenden Spaniers Marc Cucurella geschossen hatte, erzürnte die Fußballnation.

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Bundestrainer Nagelsmann ist nicht zum Lachen zu Mute

Der Boulevard sprach schnell von „Beschiss“, berichtete vom Zorn eines Beteiligten in der Referee-Kabine und präsentiert ein Foto des „Skandal-Schiedsrichters“, als dieser kommentarlos davonfuhr. Den Kampf der Ex-Profis führten die früheren Nationalspieler Michael Ballack („Ein klareres Handspiel gibt es nicht“) und Stefan Effenberg („Die Aktion war für mich kein Handspiel“) exemplarisch.

In den sozialen Netzwerken war immerhin auch Humor zu finden - wie bei dem Meme, welches den mit jeder Menge Kraken-Armen ausgestatteten Cucurella als künftigen Torwart von Handball-Rekordmeister THW Kiel ins Spiel brachte.

Zum Lachen war Bundestrainer Julian Nagelsmann allerdings nicht zu Mute - auch am Samstag war der Coach noch angefressen. „Es tut weh, dass er es sich nicht noch einmal anschaut. Die Hand war definitiv nicht zu nah am Körper“, sagte der 36-Jährige: „Aber es ist müßig, darüber zu diskutieren. Ein Wiederholungsspiel bekommen wir nicht.“

Fakt ist: Der Video-Schiedsrichter griff nicht ein. Offen blieb damit auch, ob Niclas Füllkrug oder Florian Wirtz in der Szene womöglich im Abseits standen. „Wir wissen nicht, ob es Abseits war“, sagte Nagelsmann: „Wir haben unterschiedliche Infos bekommen, warum es nicht angeguckt wurde.“

Von der Uefa gab es auf Anfrage dazu vorerst keine Stellungnahme. Die österreichische Kronen-Zeitung fragte dennoch, ob Deutschland „ein Elfmeter gestohlen“ worden sei. Die italienische Tuttosport schrieb von einem „sensationellen Fehler“ des Schiedsrichters.

Urs Meier kann Taylors Entscheidung nachvollziehen

Patrick Ittrich bemühte sich um eine objektive Sicht. „Die Entscheidung wird so oder so nicht zurückgenommen, egal, ob er ihn gibt oder nicht. Ich bin aber eher bei Handspiel“, sagte der Bundesliga-Schiedsrichter. Ex-Referee Manuel Gräfe hatte ein „strafbares“ Handspiel gesehen. Der frühere deutsche Top-Referee Markus Merk urteilte ebenso, Bibiana Steinhaus-Webb und Urs Meier konnten die Entscheidung Taylors dagegen nachvollziehen.

Den Zorn seines Uefa-Chefs musste Taylor, der im Finale der Europa League 2023 bei einer ähnlichen Szene ebenfalls nicht gepfiffen hatte, wohl nicht fürchten. Im EM-Vorfeld hatte Schiedsrichter-Boss Roberto Rosetti erklärt, dass es in solchen Situationen keinen Strafstoß geben werde.

Als Beispiel zeigte er bei einer Präsentation eine Szene aus einem Champions-League-Spiel von RB Leipzig, diese kommt jener aus der deutschen EM-Partie nahe - aufgrund des schlaff hängenden und dann nach hinten geschleuderten Arms. „Das“, so Rosettis Urteil, „ist niemals ein Elfmeter.“