Bogenschießen-WM in Berlin

Ungarischer Bogenschütze: „Aus dem Duschhahn tropft es wie ein Wasserfall“

Mátyás László Balogh ist der einzige Bogenschütze, der für Ungarn bei der WM antritt. Der 23-Jährige kommt aus Budapest und ist zum ersten Mal in Berlin.

Der ungarische Bogenschütze Mátyás László Balogh vertritt als einziger Athlet sein Land bei der WM in Berlin.
Der ungarische Bogenschütze Mátyás László Balogh vertritt als einziger Athlet sein Land bei der WM in Berlin.Markus Waechter/Berliner Zeitung

Vor allem die Autos sind Mátyás László Balogh direkt aufgefallen: „Der Verkehr hier ist fast genauso wie in Budapest, es gibt so viele Autos!“ Der 23-jährige Bogenschütze aus dem ungarischen Nationalteam ist das erste Mal in Berlin, einer Partnerstadt Budapests. Und mittlerweile fährt er zum Olympiastadion, wo gerade die Bogenschießen-WM stattfindet, mit der S-Bahn: „Die ist viel schneller als die Busse, die im Stau stehen.“

Balogh ist der einzige Bogenschütze aus Ungarn, der das Land während der WM repräsentiert. Dabei gibt es dort eine große Bogenschießen-Szene. Die Ungarn praktizieren dabei aber vor allem 3D-Bogenschießen, wo auf 3D-Tiere, die im Wald aufgebaut sind, geschossen wird, und berittenes Bogenschießen. Dabei sitzen die Schützen auf Pferden – historisch bedingt.

Die ungarische Affinität zum Bogenschießen

Bogenschießen auf dem Rücken der Pferde sicherte den Magyaren, eine vorwiegend in Ungarn lebende Ethnie, in einigen Schlachten des 17. Jahrhunderts Siege. Und bereits aus Schlachten zwischen den Jahren 900 und 970 sind Einsätze vom berittenen Bogenschießen übermittelt. Diese Kampfform war eines der Hauptmerkmale der ungarischen Einheiten. Durch das berittene Bogenschießen konnten die Krieger besonders effektiv gegen die damaligen Feinde vorgehen. Mit den Pferden war nämlich auch ein Durchkommen durch sonst eher ungünstige Geländebedingungen wie Wälder und Berge mit erstaunlich wenig Kraftaufwand möglich.

Mátyás László Balogh trainiert während der WM auf dem Maifeld am Olympiastadion.
Mátyás László Balogh trainiert während der WM auf dem Maifeld am Olympiastadion.Markus Waechter/Berliner Zeitung

Auch Balogh kam zuerst mit Bogenschießen auf Pferden in Berührung, das war 2008 bei einem Festival in einer kleinen Stadt in Ungarn. Er habe dort die berühmten ungarischen Schützen gesehen und dann mit seinem Vater eine Wette abgeschlossen: Auf dem Gelände habe es kleine Shops gegeben, die sehr schwer zu knackende Schlösser verkauften. Sollte er es schaffen, eins davon zu knacken, dann „kauft mir mein Vater irgendeine Sache, die ich gerne möchte“, erzählt Balogh. „Also öffnete ich das Schloss und sagte, dass ich jetzt gerne einen Bogen hätte.“ Und mit dem sei er dann erst in den Wald gegangen, um zu schießen, bis er sich einen Verein suchte. Über ein Nachwuchsförderprogramm des Ungarischen Bogenschützenverbands schaffte er dann den Sprung in den Nationalkader – und zu den Olympischen Spielen 2021 in Tokio. Er war der erste ungarische Bogenschütze seit 1996, der es wieder zu den Spielen schaffte.

Currywurst, Bier und tropfende Hähne

Und genau das ist jetzt auch hier wieder sein Ziel, die Olympiaqualifikation für Paris 2024. Bisher sei er bei der WM mit seiner Leistung zufrieden, aber er weiß auch, dass „alle die Qualifikation möchten und es sehr schwer ist, dahin zu kommen“. An den Druck, als einziger Schütze sein Land bei internationalen Wettkämpfen zu vertreten, habe er sich mittlerweile gewöhnt. Und der Gedanke und die Hoffnung, dass aus seinem Trainingsteam in Budapest bald auch ein paar weitere Athleten international antreten können, beruhige auch.

Sobald die Wettkämpfe hinter Mátyás László Balogh liegen, möchte er sich Berlin noch weiter anschauen. Bisher habe er abseits des Stadions noch nicht so viel gesehen, außer einen Kaufland-Supermarkt. Und in seinem Hotel am Alexanderplatz durfte er bereits ein zweites Zimmer kennenlernen: Aus dem Duschhahn tropfte und tropfte es, „wie ein Wasserfall“, weshalb er dann mitten in der Nacht ein anderes Zimmer beziehen musste. Der Ort, wo er sich aber überwiegend in dieser Woche aufhält, am Olympiastadion, gefällt Balogh sehr gut: „Das Feld ist sehr gut und das Gelände sehr interessant durch seine Historie – das habe ich vorher noch nie gesehen.“ Und auf das deutsche Essen ist er gespannt: Er möchte unbedingt noch eine Currywurst probieren. Und das Bier, „das gibt es dann nach der Weltmeisterschaft“.