Fußball-Bundesliga

Alarmstimmung bei Hertha BSC und die Frage, wie lange die Fans das mitmachen

Die 1:3-Niederlage beim VfL Bochum schürt bei Hertha die Sorge um den Klassenverbleib. Nach dem Absturz auf den vorletzten Tabellenplatz herrscht Rätselraten.

Nach der Niederlage beim VfL Bochum bedankten sich die Spieler von Hertha BSC für die Unterstützung der mitgereisten Fans. Die Kritik der Anhänger wird aber wieder etwas lauter.
Nach der Niederlage beim VfL Bochum bedankten sich die Spieler von Hertha BSC für die Unterstützung der mitgereisten Fans. Die Kritik der Anhänger wird aber wieder etwas lauter.City-Press/Jan-Philipp Burmann

Nur drei Siege und fünf Unentschieden, dafür aber schon sieben Niederlagen und akute Abstiegsgefahr – auch wenn die laufende Saison in sportlicher Sicht einem Stillstand gleicht, konnte sich Hertha BSC auf eine Sache verlassen, die in den Vorjahren nicht nur durch die Corona-Auflagen oftmals verwehrt blieb: die Unterstützung der eigenen Fans. Fast 61.000 Zuschauer feierten am 12. November im bislang letzten Heimspiel ihre Mannschaft für einen 2:0-Erfolg gegen den 1. FC Köln. Ein Ergebnis, das für einen Aufbruch und die Entwicklung des Teams stand.

Am Dienstagabend (20.30 Uhr) wird Hertha BSC gegen den VfL Wolfsburg ins Olympiastadion zurückkehren, die Stimmung unter den Fans aber hat sich geändert: „Hertha BSC, könnt ihr bitte die Mannschaft fragen, warum wir am Dienstag um 20.30 Uhr bei Minusgraden ins Olympiastadion kommen sollen? Nach dem Spiel gestern fühlt man sich als Fan irgendwie allein gelassen“, fragte da etwa am Sonntag ein Hertha-Fan auf Twitter und schrieb das, was sicherlich mehreren Anhängern durch den Kopf schoss.

Hertha-Trainer Sandro Schwarz wirkt ratlos

Der bedenkliche Auftritt der Mannschaft beim verdienten 1:3 (0:2) im Bundesliga-Kellerduell beim VfL Bochum drückte nach der eigentlich positiven Vorbereitung mächtig aufs Gemüt und versetzte alle Fans und Beteiligten in Alarmstimmung. Selbst Sandro Schwarz wirkte ratlos wie selten. Mit grimmiger Miene und den Händen tief in der Manteltasche verfolgte der Berliner Fußballlehrer emotionslos die letzten Minuten der Partie in Bochum, nach der Hertha BSC auf den vorletzten Tabellenplatz abrutschen sollte. „Wenn wir so auftreten, brauchen wir auch in den kommenden Spielen nicht über Punkte reden“, klagte Marco Richter, „wir müssen das Spiel ganz schnell abhaken, das heute war scheiße.“

Die deutlichen Worte des Offensivspielers machten Sinn. Über weite Strecken der Partie präsentierten sich die Berliner wie ein Absteiger. Nach den Gegentreffern von Philipp Hofmann (22./56.) und Keven Schlotterbeck (44.) vor 26.000 Zuschauern war die vierte Auswärtsniederlage in Serie besiegelt. Daran konnte auch das späte Anschlusstor von Suad Serdar (87.) nichts ändern. Ähnlich wie Richter verspürte auch Trainer Schwarz wenig Lust auf Schönfärberei: „Jeder kann sich sicher sein, dass wir wissen, in welcher nicht überraschenden Tabellenregion wir sind. Damit gehen wir sehr seriös, sehr konsequent und konzentriert um.“

Laut jüngsten Medienberichten soll Hertha in aussichtsreichen Verhandlungen mit einem neuen Investor aus den USA stehen. Doch solch blutleere Auftritte des Teams wie in Bochum dürften die weiteren Gespräche mächtig erschweren. „Für das, war wir uns vorstellen an Intensität, war das zu wenig. Das ist nicht unser Anspruch. Das gilt es zu verbessern“, forderte Schwarz.

Der vermeintliche Hertha-Führungstreffer von Lucas Tousart, den Schiedsrichter Martin Petersen nach Intervention des Videoassistenten zurücknahm, weil der Ball zuvor im Toraus war (11.), verstärkte den Frust des Trainers. Nach dem Schlusspfiff diskutierte Schwarz intensiv mit dem Schiedsrichterteam.

Marco Richter tut sich mit Erklärungen für das 1:3 in Bochum schwer

Sein Schützling Richter tat sich mit Erklärungen für den Leistungseinbruch ähnlich schwer wie der Coach: „Wir hatten ein sehr gutes Trainingslager und eine gute Vorbereitung. Und dann kassieren wir viel zu leicht Tore.“ Maximilian Mittelstädt führte das auf die bessere Effektivität der Bochumer zurück: „Diese Effektivität brauchen wir auch.“ Das Berliner Eigengewächs hofft auf eine schnelle Trotzreaktion der Mannschaft schon im nächsten Spiel daheim gegen Wolfsburg: „Jetzt dürfen wir nicht die Köpfe hängen lassen. Gut, dass wir am Dienstag direkt weitermachen können.“

Wie man sich selbst aus scheinbar aussichtslosen Situationen befreien kann, demonstriert momentan der VfL Bochum. Seit dem Amtsantritt von Trainer Thomas Letsch gelang dem bereits als Absteiger gehandelten Revierklub der Sprung vom letzten auf den 14. Tabellenplatz. „Wir haben wieder gezeigt, dass wir eine Mannschaft sind, die daran glaubt“, schwärmte der Trainer, unter dessen Regie der vierte Heimsieg in Serie gelang. Wie schon zuvor bei den unerwarteten Erfolgen gegen Frankfurt (3:0), Union Berlin (2:1) und Borussia Mönchengladbach (2:1) profitierte das Team von großer Leidenschaft und der Unterstützung der Fans. Auf die konnte sich Hertha BSC in dieser Saison auch stets verlassen. Leistungen wie in Bochum aber könnten den Zusammenhalt beider Lager nachhaltig negativ belasten.