1. FC Union Berlin

Trainingslager-Tagebuch zu Union Berlin: Der große Hunger und „Spione“ am Platz

Die Eisernen bestreiten ihr Wintertrainingslager in Campoamor. Unser Reporter beobachtet bekannte Übungsleiter am Platz ... Trainingslager-Tagebuch, Teil 4.

Stefan Bröhl (l.) und Nils Malzahn schreiben aus dem Campoamor-Camp das Trainingstagebuch rund um den 1. FC Union Berlin.
Stefan Bröhl (l.) und Nils Malzahn schreiben aus dem Campoamor-Camp das Trainingstagebuch rund um den 1. FC Union Berlin.BLZ

Zeit für meinen ersten Eintrag. Nachdem ich meinem Kollegen Nils Malzahn drei Mal das Feld überlassen habe, bin ich nun mit dem Trainingslager-Tagebuch dran. Mittlerweile ist glücklicherweise auch mein Magen wieder gut gefüllt.

Denn uns gingen nach guten ersten Tagen die Vorräte aus. Wo sind die Tage nur geblieben? Ich muss dazu sagen, dass das mein erstes Camp ist, auch Nils ist ganz neu, weshalb bei uns rund um die Uhr viel los war.

Weil ich um 13 Uhr noch immer nichts gegessen hatte, lief ich nach der Einheit am Donnerstagvormittag erst mal zu Aldi, fußläufig entspannt in knapp zehn Minuten zu erreichen. Offenbar hatten auch einige Fans des 1. FC Union Berlin ein ähnliches Problem, denn während ich die Gänge des Supermarktes entlangschlenderte, waren nur wenige spanische Gesprächsfetzen zu hören, die meisten Kundinnen und Kunden unterhielten sich auf Deutsch, einige hatten auch Fankleidung der Eisernen an.

In Spanien vermutlich kein ganz seltenes Phänomen, aber in Campoamor an der Costa Blanca hätte ich das nicht unbedingt erwartet. Ebenso wenig die großen Schwärme von grünen Halsbandsittichen, die mich neben dem Fußballalltag faszinieren, weil sie mit ihrem wunderschön-farbenprächtigen Gefieder oft laut krächzend und geschwind an unserem Balkon vorbei in Richtung der Palmen fliegen.

Auf dem Weg von unserem Airbnb zum Trainingsplatz sind ganze Schwärme von lautstark schwatzenden grünen Halsbandsittichen unterwegs.
Auf dem Weg von unserem Airbnb zum Trainingsplatz sind ganze Schwärme von lautstark schwatzenden grünen Halsbandsittichen unterwegs.Stefan Bröhl

Die Palmen bieten den kecken Vögeln viel Nahrung. Auf dem morgendlichen Weg zu den beiden Trainingsplätzen der Eisernen fliegen sie zu Dutzenden von einer Straßenseite zur anderen, sind auf dem Boden des Golfplatzes zu finden, auf dem sie allerdings dank ihrer grünen Farbe aus der Entfernung nur dann auszumachen sind, wenn sie sich bewegen.

Ist Gefahr im Verzug bzw. kommt man ihnen zu nahe, fliegen sie auf einen der vielen Bäume und warten dort, bis man wieder weg ist oder ziehen sich zu einer weiter hinten gelegenen Rasenflache des weitläufigen Areals zurück. 

Ein grüner Halsbandsittich.
Ein grüner Halsbandsittich.Stefan Bröhl

Union Berlins Coach Urs Fischer mit klaren Ansagen

Meist werden die Tiere ohnehin in Ruhe gelassen, denn viele der Spaziergänger gehen mit ihrem Hund Gassi oder sind auf dem Weg zu den Fußballplätzen. Die erreicht man allerdings erst, wenn man eine Zeit lang steil bergauf gegangen ist. Eine zusätzliche Joggingeinheit braucht es dann – gerade bei zwei FCU-Trainingseinheiten und einem Gesamtweg von gut einer Stunde – nicht mehr. 

Mein Minusrekord waren bisher 11.000 Schritte am Tag – wann schafft man das an normalen Arbeitstagen schon mal? Selbst am gestrigen Donnerstag, als die Eisernen nur eine Einheit hatten, waren es rund 13.000. Gerade nach den essensreichen Tagen zwischen Weihnachten und Neujahr keine schlechte Sache.

Im Vergleich zu den Profis der Eisernen ist mein Pensum natürlich trotzdem ein Witz. Denn auch das Donnerstagstraining hatte es in sich. Coach Urs Fischer grätschte bei den Übungsspielen verbal immer wieder dazwischen, weil seine Mannschaft nicht durchgehend zu seiner Zufriedenheit agierte (gewünscht war beispielsweise ein Pass nach vorne oder die Verlagerung auf die Seite und nicht die Sicherheitsvariante hintenrum bzw. im Ballverlust endend).

Union-Coach Urs Fischer griff im Training immer wieder korrigierend ein.
Union-Coach Urs Fischer griff im Training immer wieder korrigierend ein.Matthias Koch

„Spione“ Jens Härtel und Robert Klauß schauen Union Berlin von außen zu

Allerdings lobten der Schweizer Coach und sein Trainerteam die Spieler auch oft genug für gelungene Aktionen – und das unter den Augen von zwei aktuell vereinslosen Übungsleitern, die sich außen rechts hingestellt hatten und mit Notizzettel ausgestattet genau beobachteten, wie es bei den Eisernen zuging.

Die „Spione“ waren der Ex-Unioner Jens Härtel, ehemals beim FC Hansa Rostock, 1. FC Magdeburg und Berliner Athletik Klub 07 an der Seitenlinie, sowie Robert Klauß (1. FC Nürnberg, Co-Trainer unter Ralf Rangnick und Julian Nagelsmann bei RB Leipzig), mit denen sich Fischer nach der Einheit mehrere Minuten angeregt unterhielt. Auch Michael Parensen nahm sich ein paar Minuten für einen Plausch.

Union-Coach Urs Fischer nach der Donnerstagseinheit im Gespräch mit Jens Härtel (M.) und Robert Klauß (l.).
Union-Coach Urs Fischer nach der Donnerstagseinheit im Gespräch mit Jens Härtel (M.) und Robert Klauß (l.).Matthias Koch

Zuvor hatten die Fans der Köpenicker bei strahlend hellblauem Himmel und Sonnenschein, aber auch kühlem Wind, einiges zu sehen bekommen. So gelang Julian Ryerson ein herrliches Volleytor mit der Innenseite, wofür der norwegische Nationalspieler Applaus von den mehreren Dutzend anwesenden Anhängern spendiert bekam. 

Die Union-Fans genossen die angenehmen Witterungsbedingungen und schauten ihrer Mannschaft bei der Einheit am Donnerstagvormittag zu.
Die Union-Fans genossen die angenehmen Witterungsbedingungen und schauten ihrer Mannschaft bei der Einheit am Donnerstagvormittag zu.Matthias Koch

Union Berlin mit intensiven Zweikämpfen und spaßigem Fußballtennis

Auch davon abgesehen war die Stimmung gut, die Spieler pushten sich, die Zweikämpfe wurden intensiv, jedoch nie unfair geführt, es ging ordentlich zur Sache. Fischer studierte dabei erneut eine defensive Viererkette ein. Dabei sind phasenweise leichte Abstimmungsprobleme noch zu erkennen, doch die Mannschaft arbeitet erkennbar daran, diese nach und nach abzustellen.

Enges Duell: Jamie Leweling (v.-l.) und Rani Khedira im Kampf um den Ball.
Enges Duell: Jamie Leweling (v.-l.) und Rani Khedira im Kampf um den Ball.Stefan Bröhl

Durch den großen Kader mussten einige Akteure zeitweise draußen stehen. Jeweils vier durften sich außerdem beim Fußballtennis beweisen und hatten dabei großen Spaß. Besonders die beiden Eigengewächse Aljoscha Kemlein und Mathis Bruns harmonierten prächtig miteinander und lieferten Janik Haberer sowie Genki Haraguchi einen ansehnlichen, engen Schlagabtausch.

Von links nach rechts: Janik Haberer und Genki Haraguchi (mit perfekter Hand- sowie Fußhaltung) spielten gegen Aljoscha Kemlein sowie Mathis Bruns Fußballtennis.
Von links nach rechts: Janik Haberer und Genki Haraguchi (mit perfekter Hand- sowie Fußhaltung) spielten gegen Aljoscha Kemlein sowie Mathis Bruns Fußballtennis.Stefan Bröhl

Am Nachmittag durften sich die Spieler dann endlich mal erholen, einige waren im Kraftraum, doch auch das Schwimmbad, die beiden Paddle-Tennis-Plätze, die zwei Tennis-Courts und natürlich das Sonnenbaden bieten mehr als genug Möglichkeiten, sich die Zeit zu vertreiben. Mal abgesehen von der malerischen Landschaftskulisse, die zum Spazierengehen einlädt. 

Jamie Leweling (2.v.l.) und Danilho Doekhi (5.v.r.) vor den imposanten Steilwänden im Sprintduell.
Jamie Leweling (2.v.l.) und Danilho Doekhi (5.v.r.) vor den imposanten Steilwänden im Sprintduell.Stefan Bröhl

Letzteres machte ich am Abend und entdeckte dabei gleich einen Supermarkt, der noch näher an unserem Quartier liegt. Der nächste große Hunger wird in diesem Trainingscamp also hoffentlich ausbleiben.