Alles Gute ist nie beisammen. Dafür wird anderswo das Phrasenschwein mit ein paar Euros gefüttert. Trotzdem ist es häufig so. 1954 gehörte Heinrich Kwiatkowski zu den Helden von Bern. Doch nur einmal, 45 Jahre zuvor bei einem 0:9 gegen England, kassierte ein Torhüter eines DFB-Teams in einem A-Länderspiel mehr Gegentore als er beim 3:8 gegen Ungarn. Überhaupt stand die Länderspielkarriere des Torhüters, der mit Borussia Dortmund dreimal Meister wurde, unter keinem guten Stern. Nachdem er in vier Partien, zuletzt 1958 beim 3:6 gegen Frankreich im Spiel um WM-Platz drei, satte 18 Gegentore hinnehmen musste, bat er Bundestrainer Sepp Herberger, ihn nicht mehr zu berufen. Dabei war Kwiatkowski ein Könner, galt er als ruhig und besonnen. Nur als Held fühlte er sich nicht.
Ähnlich könnte es trotz der komfortablen Situation des 1. FC Union – Tabellenplatz drei, erstmaliges Überwintern in Europa, das Viertelfinale im DFB-Pokal vor der Brust – dem einen oder anderen Spieler der Eisernen gehen. Das mag die Gemengelage in der Alten Försterei insgesamt vielleicht nicht zulassen. Trotzdem: Es ist wie mit dem Fluch der guten Tat. Sie sind zwar dabei, mittendrin aber sind sie eher nicht.
In der Unioner Aufstiegssaison war Paul Jaeckel noch Gegner in Liga zwei
Bei den Eisernen gibt es da den ganz speziellen Fall Paul Jaeckel. Das vor allem, weil es am Sonnabend gegen den VfB Stuttgart geht. Mit den Schwaben verbinden die Männer aus der Alten Försterei sowieso Einmaliges, den Aufstieg in die Bundesliga. Jaeckel, damals bei Greuther Fürth unter Vertrag, hatte damit nichts zu tun, eher als einer, der den Köpenickern auf ihrem Weg nach ganz oben lieber Steine in den Weg gelegt hätte. Nicht im Hinspiel, das der 1. FC Union in seiner Aufstiegssaison zu Hause 4:0 gewann und bei dem der damals 18-Jährige auf der Bank saß, sondern im Rückspiel, als er gegen Sebastian Polter und Sebastian Andersson, Grischa Prömel und Felix Kroos ein 1:1 verteidigte.
Trotzdem sind die Stuttgarter auch für den Jungen aus Eisenhüttenstadt so etwas wie ein ganz besonderer Gegner. Vor einem halben Jahr nämlich, beim 1:0-Sieg in Cannstatt, köpfte Jaeckel nach einem Eckball von Niko Gießelmann das goldene Tor. Es war in seinem 36. Bundesligaspiel sein erster Treffer. Mit diesem Tor verband sich die Hoffnung, es in Köpenick trotz seiner neuen Konkurrenten Diogo Leite und Danilho Doekhi geschafft zu haben.
Was danach für Jaeckel kam, ist alles andere als eine Erfolgsgeschichte. In den 16 Bundesligaspielen seitdem stand er lediglich dreimal auf dem Platz, in sieben Spielen blieb ihm nur die Bank und bei weiteren sechs gehörte er nicht einmal zum 20-köpfigen Aufgebot. Für die Europa League war er gemeldet, kam aber weder gegen Ajax Amsterdam noch im Achtelfinale gegen Royale Union Saint-Gilloise zum Einsatz. Im DFB-Pokal stand er in Runde zwei gegen Heidenheim (2:0) im Kader, im Achtelfinale gegen Wolfsburg (2:1) nicht einmal das.
Rolle auf der Bank nagt an jungen Spielern
Er hätte gern noch öfter ein Held sein wollen. In zweiter Linie erst als Torschütze, umso mehr dafür in seiner Kernkompetenz als kompromissloser und überlegter Abwehrspieler. Er bleibt es, zumindest vorerst, aber für nur 90 Minuten.


