Landen kurzzeitig Außerirdische nach einem Aufenthalt im Orbit auf dem heimischen Planeten, heißt es: Willkommen auf der Erde! Das bedeutet zugleich, nach langer Zeit der Schwerelosigkeit wieder den aufrechten Gang zu üben. So oder so ähnlich haben sich die Spieler des 1. FC Union Berlin nach dem deutlichen Dämpfer gegen den Lieblingsfeind aus Leipzig wahrscheinlich gefühlt. Nach 24 Spielen, nach denen die Gegner, darunter Borussia Dortmund und der VfL Wolfsburg, Borussia Mönchengladbach und eben auch die Sachsen, froh darüber gewesen wären, in Köpenick wenigstens nicht zu verlieren, ist es mit dem 0:3 mal wieder umgekehrt gelaufen. Nach etwas mehr als anderthalb Jahren. Dabei war allen klar, dass es nicht auf ewig so weitergehen konnte mit der eisernen Festung Alte Försterei.
RB Leipzig zeigte gegenüber dem 1. FC Union Berlin die größere Effizienz
Nun ist es also passiert. Es ist nicht schön und es tut weh, dass gerade das Team, das bei der eisernen Fangemeinde nicht den geringsten Hauch von Anerkennung genießt – von Sympathie ganz zu schweigen –, den Flug ins Endlose beendet hat. Manche mögen sich schwertun damit, das zu akzeptieren, trotzdem sei ihnen – Emotionen hin, Enttäuschung her – bei aller Sachlichkeit versichert: Es ist halt nur Sport, die anderen waren diesmal die Glücklicheren, in mancher Beziehung die Besseren und vor allem die mit der größeren – um ein Lieblingswort von Trainer Urs Fischer zu benutzen – Effizienz. So viel Fairness sollte sein, zumal es nur ganz selten gelingt, ein Spiel, so wie es eine Woche zuvor in Darmstadt geglückt ist, in Unterzahl zu ziehen oder bei einem Rückstand zumindest nicht zu verlieren. Nur ganz nebenbei und dem, der mein Faible, das aus Kindheit und Jugend stammt, im Laufe der Jahre aber ein wenig ramponiert ist, für den jetzigen FSV Zwickau kennt, sei gesagt: Dem Drittliga-Absteiger ist es am Sonntag ebenso gelungen, in Unterzahl aus einem 1:1 ein 3:2 und damit einen Dreier zu machen. Aber es ist drei Spielklassen tiefer passiert und nur gegen die Zweite von Hansa Rostock. Trotzdem …
Zurück zum 1. FC Union Berlin und zu dessen vielleicht mehr symbolischen denn tatsächlichen Blessuren. Zwei Spielzeiten in Folge ohne Heimniederlage zu bleiben, das hat ganz viel von Seltenheitswert. Das ist zuletzt Dortmund vor sechs Jahren gelungen, außerdem in diesem Jahrtausend aber noch niemandem, nicht einmal dem großen FC Bayern. In solch einer Liga hat der 1. FC Union Berlin sich bewegt, in diese Kategorie, die vornehmlich nur Schwergewichten vorbehalten ist, ist er eingedrungen. Das allein war es wert. Deswegen: Kreuz durchdrücken, Brust raus, Kopf hoch und Blick nach vorn gerichtet. Oder um es mit Nina Hagen in ihrer Kult-Hymne zu sagen: Immer weiter, ganz nach vorn.
Das mag zynisch klingen, waren die Eisernen doch vor dem Spieltag ganz vorn. Es ist aber, zumal am Saisonbeginn, eine mehr oder weniger fragile Momentaufnahme. Da geht es nach einer Niederlage mal von eins auf fünf. Umgekehrt passiert es, dass Stuttgart von neun auf drei klettert oder Bremen die Rote Laterne gegen Platz elf tauscht. Es wäre schön gewesen, hätte die Serie das vielleicht gefühlsduseligste Duell überlebt. Andererseits befreit es womöglich, nicht immer daran gemessen zu werden. Wer weiß das schon.
Robin Gosens kann der erste eiserne DFB-Nationalspieler werden
Nun also Blick nach vorn. Hin zum Länderspiel-Doppel gegen Japan und Vizeweltmeister Frankreich, das aus eiserner Sicht mit der Nominierung von Robin Gosens ein neues Kapitel der Historie aufschlägt. Die Köpenicker dürfen auf den ersten DFB-Nationalspieler hoffen, hinter dem in Klammern steht: 1. FC Union Berlin.


