Für Besitzer von Eigentumswohnungen, Einfamilienhäusern und anderem Grundeigentum ist das Jahr 2022 von besonderer Bedeutung. Denn in diesem Jahr tritt die Grundsteuerreform in die entscheidende Phase. Hier ein Überblick über wichtige Fragen und Antworten zur neuen Grundsteuer. Auch Mieter sollten genau hinsehen. Denn sie betrifft die Reform ebenfalls – weil die Grundsteuer über die Betriebskosten auf die Mieter abgewälzt werden kann.
Was ist die Grundsteuer?
Die Grundsteuer wird auf Grundbesitz erhoben. Sie ist für bebaute wie für unbebaute Grundstücke zu zahlen, für Wohnhäuser wie für gewerblich genutzte Gebäude – aber auch für landwirtschaftliche Flächen und Betriebe. Gezahlt wird die Grundsteuer grundsätzlich von den Eigentümern. Vermieter von Wohnungen können die Grundsteuer aber über die Betriebskosten auf die Mieter umlegen.
Wer bekommt die Grundsteuer?
Städte und Gemeinden kassieren die Grundsteuer. Für sie ist dies eine wichtige Einnahmequelle, um Straßen, Kitas oder neue Brücken zu finanzieren. So hat das Land Berlin im Jahr 2021 über die Grundsteuer 850 Millionen Euro eingenommen. Die Grundsteuer gehört damit in Berlin im Jahr 2021 nach Umsatzsteuer, Lohn- und Einkommenssteuer, Gewerbesteuer, Grunderwerbsteuer und Körperschaftssteuer zur sechstwichtigsten Steuerquelle – noch vor Erbschafts- und Abgeltungssteuer. Für eine Wohnung in Berlin musste im Jahr 2021 im Schnitt eine Grundsteuer in Höhe von 253 Euro gezahlt werden, umgerechnet sind das rund 21 Euro pro Monat.
Warum muss die Grundsteuer geändert werden?
Nötig ist die Reform der Grundsteuer, weil das Bundesverfassungsgericht das bisherige System im Jahr 2018 für verfassungswidrig erklärt hat, da es gleichartige Grundstücke unterschiedlich behandelte und so gegen das im Grundgesetz verankerte Gebot der Gleichbehandlung verstieß. Der Grund: Die bisherige Berechnung der Grundsteuer basierte auf Jahrzehnte alten Grundstückswerten. Im Westen wurden die Grundstücke nach ihrem Wert von 1964 berücksichtigt. In den ostdeutschen Ländern beruhten die Werte sogar auf Feststellungen aus dem Jahr 1935.
Was ändert sich bei der Grundsteuer?
Das neue Modell sieht eine Vereinheitlichung der Grundsteuer in Ost und West vor. Nach dem Bundes-Modell, das elf Bundesländer – darunter Berlin – anwenden, soll bei der Berechnung der Grundsteuer der jeweilige Wert der Immobilie berücksichtigt werden. Für eine 100 Quadratmeter große Altbauwohnung in einer teuren Lage in Charlottenburg muss danach künftig eine höhere Grundsteuer gezahlt werden als für eine 100 Quadratmeter große Altbauwohnung in einer weniger teuren Lage, zum Beispiel in Spandau. Immobilien des sozialen Wohnungsbaus, kommunale Wohnungsbaugesellschaften und Wohnungsgenossenschaften sollen allerdings unter bestimmten Voraussetzungen durch Abschläge begünstigt werden – um die Mieter zu entlasten. Fünf Bundesländer haben von einer Öffnungsklausel Gebrauch gemacht und eigene Grundsteuer-Regelungen erlassen. So will Bayern die Grundsteuer nach einem wertunabhängigen Flächenmodell berechnen. Für eine 100 Quadratmeter große Wohnung in München würde danach eine genauso hohe Grundsteuer anfallen wie für eine 100 Quadratmeter große Wohnung auf dem Land.
Nehmen die Länder durch die neue Grundsteuer mehr Geld ein?
Nein. Die Grundsteuerreform soll „aufkommensneutral“ sein. Das heißt, die Länder wollen durch die Neuregelung nicht mehr Geld kassieren als vor der Reform. Berlins Finanzsenator Daniel Wesener (Grüne) hat im April 2022 bekräftigt, dass es dabei bleibt. Innerhalb des Aufkommens werde es aber Verschiebungen geben. „Pi mal Daumen gilt: Eigentümer mit großen Grundstücken in guter Lage werden tendenziell stärker belastet“, sagte Wesener. Zugleich würden Bewohner und Eigentümer mit Wohnungen oder Immobilien in weniger guten Lagen entlastet werden – zumindest dort, wo sie bisher unverhältnismäßig hoch belastet worden seien.
Wie sehen die nächsten Schritte bei der Grundsteuerreform aus?
In einem ersten Schritt müssen Eigentümer von Grundstücken, Häusern und Eigentumswohnungen zwischen Juli und Oktober 2022 Steuererklärungen abgeben, damit die Finanzämter den sogenannten Grundsteuerwert der Immobilie ermitteln können. Dazu müssen verschiedene Angaben gemacht werden, unter anderem zur Lage und Größe des Grundstücks, zum Baujahr des Hauses, zur Wohnfläche und zum sogenannten Bodenrichtwert. Der Bodenrichtwert gibt Auskunft über den Wert für einen Quadratmeter unbebauten Boden. Alle Grundstücke sind mit Stand zum 1. Januar 2022 neu zu bewerten. Ist der Grundsteuerwert ermittelt, folgen noch zwei weitere Schritte, ehe die Reform 2025 greift und die neue Höhe der Grundsteuer feststeht. Im Jahr 2024 muss das Berliner Abgeordnetenhaus den neuen Steuerhebesatz sowie die sogenannten Steuermesszahlen festlegen. Mithilfe dieser beiden Stellschrauben will das Land die Steuerlast so justieren, dass am Ende die Aufkommensneutralität erreicht wird. Eigentümer werden also voraussichtlich erst im Jahr 2024 wissen, wie hoch die individuelle Grundsteuer sein wird. Wichtig: Der aktuelle Hebesatz von 810 Prozent verliert mit Ablauf des Jahres 2024 seine Gültigkeit.
Worauf müssen Eigentümer jetzt achten?
Wohnungseigentümer, Hausbesitzer und andere Grundeigentümer müssen von sich aus tätig werden und die Steuererklärung zum Grundbesitz ab Juli abgeben. Sie dürfen nicht darauf warten, dass sich das Finanzamt bei ihnen meldet. Einzelaufforderungen sind nicht vorgesehen. Die Erklärungen sind bis spätestens zum 31. Oktober 2022 zu übermitteln.
Wie ist die Steuererklärung zu übermitteln?
Die Steuererklärungen sind nach Angaben der Senatsverwaltung für Finanzen grundsätzlich elektronisch über die Steuer-Onlineplattform Elster abzugeben. Soweit die elektronische Übermittlung nicht zumutbar ist, kann das Finanzamt die Abgabe der Erklärung in Papierform ermöglichen. Ab Ende Juni soll es Vordrucke für diese besonderen Fälle geben. Wer noch nicht bei Elster registriert ist, sollte sich schon jetzt anmelden. Die Registrierung dauert nach Angaben der Finanzverwaltung etwa zehn Werktage. Adresse: www.elster.de
Kann man sich Unterstützung holen?
Ja. Steuerberater können bei der Abgabe der Steuererklärung behilflich sein. Außerdem ist es möglich, dass auch nahe Angehörige die elektronische Übermittlung der Steuererklärung übernehmen. Dafür können sie ihre Registrierung bei Elster nutzen.
Mehr zur Grundsteuer unter: www.berlin.de/grundsteuer
