Gutes Recht

Darf ich mir einen Weihnachtsbaum aus dem Köpenicker Forst schlagen?

Der Berliner Rechtsanwalt Ehssan Khazaeli beantwortet Rechtsfragen aus dem Alltag. Heute: Welche Strafe droht, wenn ich einen Tannenbaum illegal selbst fälle?

Ist im Wald das Schlagen der Tanne erlaubt?
Ist im Wald das Schlagen der Tanne erlaubt?IMAGO/ULMER Pressebildagentur

Andreas K.: Dieses Jahr wollten wir mit den Kindern in den Wald fahren, uns einen schönen Weihnachtsbaum suchen, ihn selbst schlagen und anschließend gemeinsam schmücken. Mir sind dann jedoch Bedenken gekommen, ob ich einfach so eine Fichte im Köpenicker Forst fällen darf. Was würde mir denn im schlimmsten Fall drohen?

Lieber Andreas, es ist gar keine so gute Idee, einfach in einen Wald zu fahren und dort einen Baum zu fällen und mitzunehmen. Neben zivilrechtlichen Folgen drohen nämlich sogar strafrechtliche Konsequenzen. Wälder haben Eigentümer, und die darin stehenden Bäume sind keine herrenlosen Sachen, was aber Voraussetzung dafür wäre, dass jeder sie sich nehmen und dadurch Eigentümer werden könnte. Wälder sind in Deutschland überwiegend in Privateigentum und oftmals verpachtet, oder sie werden von den jeweiligen Gemeinden bewirtschaftet.

Die Grundstückseigentümer haben auch Eigentum an den Bäumen, die im Wald stehen, weil diese nach dem Gesetz „wesentliche Bestandteile“ der Grundstücke sind. Durch das unerlaubte Entfernen eines Baums vom Grundstück wird man nicht neuer Eigentümer, sondern nur Besitzer des Baums. Der Eigentümer einer Sache kann nach Paragraf 985 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) vom Besitzer die Rückgabe verlangen. Allerdings wird der Eigentümer sicherlich kein Interesse an einer abgeschlagenen Fichte haben – die sich ja auch nicht einfach wieder anpflanzen lässt.

Sinnvoller wäre es für den Eigentümer, nach Paragraf 823 BGB Schadensersatz zu verlangen. Der dürfte bei rund 50 Euro für einen Baum liegen; schließlich sollte dieser ja noch einige Jahre wachsen, was jetzt nicht mehr möglich ist. Neben diesen zivilrechtlichen Folgen drohen aber auch strafrechtliche Folgen: Nach Paragraf 242 des Strafgesetzbuchs (StGB) macht sich als Dieb strafbar, wer eine fremde bewegliche Sache wegnimmt. Zwar ist ein Baum zunächst keine bewegliche Sache, allerdings stellt das Strafrecht auf den Zeitpunkt der Wegnahme ab – und da ist der Baum ja bereits gefällt.

Aus meiner Zeit als Referendar bei der Staatsanwaltschaft Neuruppin ist mir ein skurriler Fall bekannt geworden: Ein Neuruppiner hatte in einem nahe gelegenen Forst eine Tanne gestohlen und zu sich nach Hause gebracht. Der Förster war ihm allerdings gefolgt und stellte ihn anschließend zur Rede. Er bot dem Dieb an, den Baum für 30 Euro zu erwerben, was dieser aber nicht zahlen wollte. Schließlich erließ das Amtsgericht Neuruppin einen Strafbefehl über 15 Tagessätze zu je 20 Euro, also insgesamt 300 Euro, wegen Diebstahls. Ob der Mann den Strafbefehl akzeptierte, weiß ich nicht.

Viele Brandenburger Forstbetriebe laden in der Vorweihnachtszeit zum Weihnachtsbaumschlagen bei Glühwein und Bratwurst ein. Da dürften 300 Euro besser angelegt sein und auch viel mehr Spaß machen.