Berlin-26 Jahre nach dem Untergang der Ostseefähre „Estonia“ könnte es neue Untersuchungen zur Ursache der Katastrophe geben. Anlass ist eine fünfteilige TV-Dokumentation des Senders Discovery Channel, in der kürzlich gedrehte Unterwasseraufnahmen des in 80 Meter Tiefe liegenden Wracks der Fähre zu sehen sind. Die Aufnahmen zeigen erstmals ein großes Loch im Schiffsrumpf, das für den Untergang der „Estonia“ ursächlich gewesen sein könnte. Die Regierungen von Estland, Finnland und Schweden haben daraufhin erklärt, die neuen Informationen verifizieren zu wollen.
Für die Dokumentation „Estonia – Der Fund, der alles verändert“ war ein mit Spezialkameras ausgestatteter Tauchroboter eingesetzt worden, der das Wrack am Boden der Ostsee filmte. Die Aufnahmen zeigen einen vier Meter langen und 1,20 Meter breiten Riss im Schiffsrumpf auf der Steuerbordseite. Wie dieser Riss entstanden sein könnte, ist bislang noch unklar.

Der frühere estnische Generalstaatsanwalt Margus Kurm, der zwischen 2000 und 2009 auch die „Estonia“-Untersuchungskommission leitete, vermutet als Ursache eine Kollision der Fähre mit einem anderen schwimmenden Objekt, vermutlich einem U-Boot, da sich das Leck unterhalb der Wasserlinie befindet. Ein anderer Grund für das Loch im Rumpf könnte aber auch die Explosion einer oder mehrerer Sprengladungen sein. Überlebende hatten in ihren Befragungen von Explosionsgeräuschen an Bord kurz vor dem Untergang gesprochen.

Der Untergang der von Tallinn nach Stockholm fahrenden „Estonia“ in den frühen Morgenstunden des 28. September 1994 gilt als das schwerste Schiffsunglück der europäischen Nachkriegsgeschichte. 852 Menschen starben, nur 137 Passagiere und Besatzungsmitglieder konnten gerettet werden. Die meisten der Opfer befinden sich noch im Wrack, weshalb es zum Seegrab erklärt wurde. Aus diesem Grund haben schwedische Ermittler jetzt auch ein Verfahren gegen die Dokumentarfilmer eröffnet, denen sie wegen des Einsatzes eines Tauchroboters am „Estonia“-Wrack Störung der Totenruhe vorwerfen.
