Verzweifelt versuchen ganze Bibliotheken zu erklären, was den besonderen Reiz und den Zauber der Demokratie ausmache, aber auch, was diese sympathische Idee des politischen Zusammenlebens so labil und störanfällig mache. Bei mir war damals, als Junge in der DDR, nur ein einziger Satz nötig, um mir all das Für und Wider dieses Systems klar vor Augen zu führen. Es war nicht etwa der Satz eines großen Theoretikers, den ich im akribischen Selbststudium ausgegraben hätte. Nein, es war ein einfacher Satz aus einem Hollywood-Film in Schwarz-Weiß, den ein Schauspieler so dahersagte.
Als ich diesen Satz Anfang der 80er-Jahre hörte, war die Welt noch sehr einfach aufgeteilt: Kalter Krieg, Ost-West-Konflikt, Gut und Böse. Die Dauerangst vor einem Atomkrieg hielt die Welt in Atem, die Deutschen lebten in zwei verfeindeten Staaten und Systemen und sollten sich im Ernstfall gegenseitig umbringen. Als ich den Satz hörte, hatte ich keine Ahnung von Politik, obwohl wir in der DDR sehr früh politisiert wurden. Ich war etwa zwölf Jahre alt, saß nachts heimlich im Wohnzimmer vor der Glotze und schaute verbotenerweise Westfernsehen.

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