Ich bin ein persischer Patriot. Ja, das bin ich, obwohl ich noch nie im Iran war, obwohl ich in Deutschland aufgewachsen bin und seit über zwanzig Jahren in Israel lebe.
Es besteht kein Widerspruch. Warum sollte man sich auch Grenzen setzen und sein Ich reduzieren, wenn man sich mit mehreren Kulturen, Sprachen und Realitäten identifizieren kann? Ich bin ein persischer Patriot, weil meine Eltern es sind und mich so erzogen haben, damals in Berlin-Spandau und später in Wedding. Sie waren in den 70er-Jahren von Iran nach Deutschland gezogen. Wer bei uns zu Besuch war, lief auf roten Perserteppichen, konnte persische Gedichte an den Wänden lesen und persische Musik in der Küche hören, während meine Mutter Reis auf persische Art kochte, dessen Geruch einen betäuben konnte.
Das war Persien in Berlin, weit weg vom Iran – in jeglicher Hinsicht. Denn der Iran hat sich seit der Islamischen Revolution 1979 in einen Terrorstaat verwandelt. In ein Land, das fast über Nacht aufhörte zu lachen, zu feiern, zu lieben.
Die neuen radikalschiitischen Machthaber und ihre Revolutionsgarden verwandelten das Land mit seiner blühenden persischen Kultur in ein trostloses Stück Erde, auf dem man nicht lebt, sondern – wenn man nicht aus der Reihe fällt – im allerbesten Fall überlebt.
Aus der Reihe fällt man mit absurden „Verbrechen“ wie dem Ablegen des Kopftuchs oder wenn man mit seiner Freundin Hand in Hand geht. Oder wenn man sich öffentlich gegen die Diktatur äußert. Der Weg ins Teheraner Evin-Foltergefängnis ist ein sehr kurzer. Niemand weiß, wie viele persische Patrioten in den letzten 43 Jahren dort eingeschlossen wurden und nie wieder freikamen.
Viele Iraner wissen, wie es ist, ohne religiöse Zwänge zu leben
Man beobachtet die Geschehnisse im Iran und fragt sich: Wie tief können Menschen noch sinken? Wie können iranische Schergen es mit ihrem Gewissen ausmachen, ihr Volk massenhaft zu unterdrücken? Meine Eltern und viele Exil-Iraner behaupten, die Mullahs und ihre Revolutionsgarden hätten überhaupt kein Problem damit, die Menschen zu misshandeln, weil es nun mal nicht ihr eigenes Volk sei. Das Mullah-Regime sei eine Art Fremdbesatzung: wie die italienische Mafia, die ganze Städte unter ihrer Kontrolle hat. Wie die Hisbollah, die Teile Libanons unter ihre Gewalt gebracht hat. So sei auch der Iran von einer Verbrecherbande übernommen worden, die sich eine eigene Leibgarde aufgestellt hat und mit der sie ihre Macht gewährleistet. Denn noch bevor es um den Islam geht, geht es um die Macht. Das sagte schon der Revolutionsführer Ayatollah Ruhollah Chomeini.
Doch wie lange kann ein Unrechtsstaat die Bevölkerung in einem offenen Gefängnis halten? Ein Großteil der Iraner identifiziert sich nicht mit dem radikalschiitischen Way of Life der Mullahs. Viele Iraner haben Familienangehörige in den USA, Deutschland, Israel, Frankreich. Und sie wissen sehr wohl, was der Unterschied zwischen dem Leben im Iran und dem Leben in Freiheit im Westen ist. Sie wissen wie das Leben ist, wenn man keinen religiösen Zwängen ausgesetzt ist.
Ich bin ein persischer Patriot, der sich ein freies demokratisches Persien wünscht. Ein Persien, dass weltoffen sein wird und in dem alle Kulturen und Religionen sich zu Hause fühlen können. Ein Persien, dass seine Tore öffnet und die Welt Anteil an seinem neuen Gesicht nehmen lässt. Ein Persien, in dem ich mich auch mit meiner israelischen Identität willkommen fühlen werde.
Ist die Vorstellung von einem neuen persischen Staat von sehr weit hergeholt? Ich glaube nicht. Alles weist darauf hin, dass der Iran einen Point of no Return erreicht hat. Zu viel Blut ist geflossen. Die Menschen haben zu wenig zu verlieren.

