Homophobie

Deutschlandfahne statt Regenbogen: Rechte benennen Pride Month in #Stolzmonat um

Auf Social Media hinterlegen immer mehr Menschen ihr Profilbild mit der Deutschlandfahne. Was steckt dahinter?

Regenbogen oder Deutschlandfahne – oder beides?
Regenbogen oder Deutschlandfahne – oder beides?Martin Müller/imago

Auf Twitter zeigen immer mehr User, wie braun sie eigentlich sind: Eine Deutschlandfahne, deren Schwarz in ein Rotbraun übergeht, soll offenbar eine Alternative zur Regenbogenfahne darstellen. Alternative ist das passende Stichwort, die Junge Alternative Sachsen-Anhalt hatte bereits 2021 eine solche Fahne mit derselben Farbabfolge in Bezug auf den Pride Month getwittert.

Inzwischen verbreitet sich in sozialen Medien der Hashtag #Stolzmonat, der sich klar gegen Schwule, Lesben, Transpersonen, die gesamte queere Community und den Pride Month richten soll. 

Am Samstag findet der Christopher Street Day in Berlin statt, und in diesem Monat hissen auch viele offizielle Stellen aus Solidarität die Regenbogenfahne, wie zum Beispiel das Berliner Polizeipräsidium. AfDlern, rechtskonservativen Journalisten und deren Anhängern passt das nicht. Ex-Bild-Chef Julian Reichelt lehnte das Hissen der Flagge als „Solidarität“ für eine „totalitäre Ideologie“ ab. Das Medienportal Nius, bei dem er arbeitet, steht derzeit wegen der Doku „Trans ist Trend“ in der Kritik.

Die Amadeu-Antonio-Stiftung twitterte, dass über die Verbreitung des Hashtags #Stolzmonat „eine Größe und Schlagkräftigkeit der queerfeindlichen Bewegung vermittelt werden soll, die so (zum Glück) nicht gegeben ist“. Es gebe Hinweise auf eine Koordinierung.

Ist die Gruppe tatsächlich so klein? Die Kampagne wird neben rechtsradikalen Bloggern vor allem auch von Teilen der AfD vorangetrieben. Björn Höcke und zahlreiche offizielle AfD-Accounts sind mit der Farbabfolge hinterlegt. „Die #Ampel ‚feiert‘ in ihrer absurden Parallelwelt nicht nur den PrideMonth, sondern gleich das PrideYear (...)“, twitterte die AfD. „Wir meinen: SchwarzRotGold ist bunt genug.“ Die Alternative für Deutschland trendet derzeit auf Twitter und liegt in den Umfragewerten bei rund 20 Prozent, Tendenz steigend.

Unter den Posts zum Stolzmonat schreiben Unterstützer etwa „Ich bin stolz statt pride“. In den Kommentarpalten finden sich aber fast genauso viele Gegenstimmen: Die meisten posten GIFs mit Regenbogenfahnen als Antwort, manche Nutzer finden die Offensive gegen den Pride Month „peinlich“ und „ekelhaft“.

Wie das Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) berichtete, gab es auch einen Versuch, den Stolzmonat zum Jugendwort des Jahres zu machen. Der Langenscheidt-Verlag nahm dazu Stellung und erklärte, dass Einreichungen mit beleidigendem, rassistischem, sexistischem und homophobem Bezug ausgeschlossen würden.

Aber warum gibt es diese Aktion gegen die Regenbogenfahne überhaupt? „Das Sichtbarmachen einer marginalisierten Gruppe wird als Angriff auf die Mehrheit gewertet“, schreibt die österreichische Politikwissenschaftlerin Natascha Strobl in einem Text für das Momentum-Institut.

Auch wenn Rechtsradikale mit dieser Aktion also mal wieder versuchen, sich als Opfer darzustellen – mit ihrer braun-rot-goldenen Flagge sind sie zumindest leicht erkennbar.