Bericht

Eine halbe Million Kroaten feiern den Faschismus

Das Konzert des ultranationalistischen Sängers Marko Perković alias „Thompson“ wirft ein beunruhigendes Licht auf den Zustand der kroatischen Gesellschaft. Eine Analyse.

Der nationalistische Sänger Marko Perković in Zagreb
Der nationalistische Sänger Marko Perković in ZagrebIMAGO/Damir Krajac

Es ist eine Zahl, die sprachlos macht: 500.000 Zuschauer haben sich am vergangenen Samstag auf der Pferderennbahn von Zagreb versammelt, um ein Rockkonzert zu besuchen. In einer Stadt, die gerade einmal 750.000 Einwohner zählt und in einem Land, das ungefähr so viele Menschen beheimatet wie Berlin. Nie zuvor wurden so viele Karten für eine Veranstaltung in Kroatien verkauft. Ein absoluter Rekord. Fast jeder siebte Kroate war dabei, als Marko Perković, bekannt unter seinem Künstlernamen „Thompson“, auf der Bühne stand und seine Hymnen zum Besten gab. Der Sänger genießt in seiner Heimat einen nahezu unangetasteten Kultstatus, trotz – oder gerade wegen – seiner faschistischen Botschaften.

Die Veranstaltung war dementsprechend nicht nur ein logistischer Kraftakt für die lokalen Behörden, wovon die Müllberge auf dem Konzertgelände am nächsten Morgen zeugten. Vor allem war sie ein gesellschaftspolitischer Offenbarungseid. Man stelle sich einmal vor, dass sich eine halbe Million Menschen in Berlin zu einem Rechtsrock-Konzert versammeln und kollektiv „Sieg Heil“ rufen. Undenkbar in Deutschland. In Kroatien jedoch wird der faschistische Gruß „Za dom spremni“ („Für die Heimat bereit“) lautstark von den Massen mitgesungen. Ein Satz, der mit dem deutschen Nazi-Gruß gleichzusetzen ist und Thompsons größten Hit „Bojna Čavoglave“ eröffnet. Auch an diesem Abend.

Berliner Zeitung

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