Als ich vor knapp zwei Jahren Jahr Friedrich Merz in der Frankfurter Flughafenhalle vor dem Start nach Berlin traf, war noch alles in Ordnung. Wir sprachen kurz über seinen unbedingten Willen zur Macht. Konkurrenten wie Söder und Wüst lächelte er „weg“, der Hüne schlug mir freundlich auf die Schulter und sagte mit fester Stimme: „Das klären wir schon.“ In diesem Moment hatte ich einen enorm strukturierten zukünftigen Bundeskanzler vor Augen, zuversichtlich und überaus überzeugend. Ich setzte mich also ihm gegenüber hin in dieses Wartefoyer der Ödnis und schlug eine Zeitung auf.
Kaum war ich in den ersten Artikel vertieft, fuhr ich hoch, denn jetzt hatte ich das seltsame Vergnügen, das andere Gesicht des Sauerländers kennenzulernen. Eine Frau spielte, ich sollte besser sagen: daddelte – mit ihrem Handy, laut war das Spiel, ein ständiges Pfeifen und Zischen, das sie mit Interesse verfolgte. Und sie saß dicht neben dem zukünftigen Kanzler. Hätte sie doch nur sein Temperament gekannt, die Arme.
Nun war es nicht angenehm, die kämpfenden Geräusche aus dem kleinen Gerät zu hören. Normalerweise setzte ich mich irgendwo weit weg, wo Ruhe herrscht. Aber das war hier ganz anders. Ich kam ja gar nicht dazu, mich leise zu entfernen. Friedrich Merz zischte die Dame deutlich vernehmbar an, sie möge doch die Lautstärke herunterfahren, das sei ja ganz unerträglich. Und bitte: Gleich! Die Angesprochene zuckte zusammen, tat, wie ihr geheißen, und jetzt kommt‘s: Der zukünftige Kanzler zwinkerte mir zu, zuckte die Schultern, ja, was soll‘s, musste mal gesagt werden, er fühlte sich wohl, so deutete ich sein Lächeln. Irgendwie fand ich das Ganze in diesem Moment ja auch ganz gut, dachte aber noch: Dieser Kerl, ein bisschen mehr Diplomatie, nur ein bisschen mehr würde ihm doch guttun.

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