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11 Gründe, warum Donald Trump die US-Wahl verliert

Viele Politiker in Deutschland fürchten sich vor einem Comeback von Donald Trump. Unser Autor gibt Entwarnung. Trump sei bei der Präsidentschaftswahl chancenlos. Hier die 11 Gründe dafür.

Donald Trump will ein zweites Mal Präsident der USA werden. Wie groß sind seine Chancen?
Donald Trump will ein zweites Mal Präsident der USA werden. Wie groß sind seine Chancen?AP

Viele in Deutschland haben Furcht davor, dass Donald Trump im November 2024 zum Präsidenten der USA gewählt werden könnte und als Staatschef der USA Europa seinem Schicksal überlässt. Es ist sogar von einem Nato-Ausstieg der USA die Rede. Ist eine Wiederwahl Trumps realistisch? Joshua Curry ist US-Amerikaner, lebt in Berlin und arbeitet als Entwickler für den Berliner Verlag. Er ist überzeugt davon: Trump hat keine Chance in den Wahlen. Hier sind die 11 Gründe, mit denen er seine Meinung erklärt.

1. Twitter ist tot. Das Nachfolgeportal X hat nur noch sehr wenig Macht und diskursiven Einfluss in den Vereinigten Staaten. Trumps Wahl zum US-Präsidenten hatte direkt etwas mit seinen Twitter-Nachrichten und dortigen Aktivitäten zu tun. Das alles ist vorbei. Facebook ist schon seit vielen Jahren tot.

2. Die vier Prediger der Apokalypse wurden besiegt. Bill O’Reilly vom Fernsehsender Fox, Tucker Carlson von Fox, Alex Jones von InfoWars und Wayne LaPierre von der NRA wurden alle von ihren Posten entlassen, sind zurückgetreten oder spielen nur noch eine untergeordnete Rolle. Sie waren wichtige Stimmen für die Republikanische Partei und insbesondere für Trump. Es gibt keine vergleichbaren Ersatzleute, die Trumps Propaganda befördern könnten.

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3. Kaum jemand in den USA hasst Joe Biden. Manche Amerikaner mögen die Demokraten und die Liberalen im Allgemeinen nicht, aber die Menschen erkennen, dass Biden ein anständiger Mann ist. Viele Menschen, auch Demokraten, haben Hilary Clinton gehasst. Das hat Trump geholfen.

4. Evangelikale Christen haben bereits bekommen, was sie gefordert hatten. Jahrzehntelang waren sie ein einziger Wahlblock, der sich gegen Abtreibung aussprach. Nun wurde das Urteil „Roe vs. Wade“ gekippt und zwei Konservative wurden zu Richtern am Obersten Gerichtshof ernannt. Viele bundesstaatliche Abtreibungsverbote und -beschränkungen sind in Kraft getreten. Dies ist ein großer Sieg für die religiösen Wählergruppen. Viele wirklich religiöse Menschen mochten Trump überhaupt nicht und hielten ihn für einen notwendigen Kompromiss. Die Stimme der Christen ist keine Selbstverständlichkeit mehr für Trump, vor allem weil Biden tatsächlich gläubig ist.

Dass Trump nun auch in New Hampshire siegt, zeigt einmal mehr, wie eisern die Parteibasis hinter dem 77-Jährigen steht.
Dass Trump nun auch in New Hampshire siegt, zeigt einmal mehr, wie eisern die Parteibasis hinter dem 77-Jährigen steht.Matt Rourke/AP/dpa

5. Schusswaffen. Entgegen der Meinung vieler Deutschen sind die Durchschnittsamerikaner nicht von Waffen besessen und sind sehr beunruhigt über die Schießereien und Amokläufe an Schulen. Es gibt eine leise, aber starke Bewegung in Richtung Waffenregulierung. Der Niedergang der NRA (Nationale Gewehrvereinigung in den USA) wird Reformen im Kongress ermöglichen. Trump steht auf der falschen Seite dieser Entwicklung.

6. Trump braucht eine hohe Wahlbeteiligung, um zu gewinnen, wie früher. Dieser Rückhalt ist längst verflogen. Moderate republikanische oder unabhängige Wähler werden dieses Mal einfach nicht wählen gehen. Ihre Gleichgültigkeit wird Biden zugutekommen.

7. Trump wird die meiste Zeit seiner Kampagne damit verbringen, sich über seine Gerichtsverfahren zu beschweren. Es wird viele Videos geben, in denen er sagen wird: „Die Eliten haben es auf mich abgesehen, und ihr seid die Nächsten.“ Wechselwähler und Unentschlossene werden damit nichts anfangen können. Trumps einziges Programm lautet: „Mir wurde unrecht getan, also holt mich wieder ins Weiße Haus.“ Das wird die Leute einfach langweilen.

8. Das Covid-Konjunkturprogramm hat funktioniert. Die Menschen haben ihre Arbeitsplätze und Häuser behalten. Biden wurde viel für die Inflation kritisiert, aber sie ist aktuell rückläufig. Die Energiekosten sind überschaubar und der Aktienmarkt boomt. Die Arbeitslosigkeit ist auf einem historischen Tiefstand. Wer einen Job will, kann ihn bekommen. Lebensmittel und Mieten sind immer noch hoch, aber für Trump nicht mehr hoch genug, um Steuersenkungen für Unternehmen zu rechtfertigen.

9. Die Sesselkrieger haben sich zurückgezogen. Also jene Menschen, die den Sturm aufs Kapitol möglich gemacht hatten. 1240 Personen wurden wegen des Aufstands vom 6. Januar verhaftet. 378 wurden für ihre schweren Verbrechen verurteilt oder bekannten sich schuldig. 450 der Verhafteten wurden zu Haftstrafen verurteilt, einige müssen bis zu 20 Jahre ihres Lebens im Gefängnis verbringen. Umsturzfantasien waren für viele Radikale wie eine Art virtuelles Spiel. In den sozialen Medien und in Chatrooms wurde viel darüber geredet. Nun gab es Konsequenzen in der realen Welt. Jetzt ist der Gedanke an einen Umsturz nicht mehr Teil eines Spiels. Viele Leben und viele Familien haben sich für immer verändert.

10. Telefonumfragen sind nur noch für Schlagzeilen nützlich. Sie sind keine genauen Prädiktoren für das Verhalten der US-Amerikaner. Die Art von Person, die an ihr Handy geht und dann an einer 20- bis 40-minütigen Umfrage teilnimmt, ist immer eine Art Parteigänger. Also: Vertraut keinen Umfragen, die sagen, dass Trump in der Wählergunst vorne liegt.

11. Der Tod von George Floyd. Dies war ein entscheidender Moment in der amerikanischen Geschichte. Eine breite Schicht der amerikanischen Gesellschaft hatte das Bedürfnis, mit dem Rassismus der USA abzurechnen. Trump ist die buchstäbliche Verkörperung all dessen, wogegen die Liberalen sind. Die Progressiven werden versuchen, Biden mehr nach links zu steuern. Es gibt jetzt sehr aktive Jugendbewegungen, die gegen alles sind, was Trump verkörpert.

Joshua Curry ist Technologie-Experte und Künstler aus der San Francisco Bay Area in Kalifornien, USA. Er ist leitender Frontend-Entwickler beim Berliner Verlag und stellt als Künstler in Berlin aus. Er hat in den USA mehrere Preise für Multimedia-Journalismus gewonnen. 

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