Israels neuer Minister für Nationale Sicherheit, Itamar Ben-Gvir, ist ein Mann der Provokation. Am Dienstag zeigte er dies mit einem Besuch des Tempelbergs in Jerusalem. Ben-Gvir will den formellen Status des Tempelbergs ändern: Muslime dürfen dort aktuell mit wenigen Einschränkungen beten und die heilige Stätte betreten. Juden dürfen den Tempelberg dagegen nur zu bestimmten Zeiten durch ein einziges Tor besuchen, und dürfen auf dem Gelände nicht beten. Die Hamas hatte für den Fall des Besuchs von Ben-Gvir mit Eskalation gedroht, radikale Palästinensergruppen sprachen von einem „Religionskrieg“. Die Opposition kritisierte Ben-Gvir, weil er die Aktion ausgerechnet am Gedenktag an die Zerstörung des Tempels startete. Gilad Kariv von der Arbeitspartei sagte, dass politischer Extremismus und Korruption in der Regierung zur Zerstörung des Tempels geführt hätten. Ben-Gvir schrieb nach dem Besuch, der Tempelberg steht allen offen und „wenn die Hamas glaubt, ihre Drohungen könnten mich abschrecken, dann müssen sie verstehen, dass sich die Zeiten geändert haben“.
Itamar Ben-Gvirs Vorfahren kommen aus dem Irak. Er selbst wurde schon als Teenager radikalisiert, arbeitete schließlich für die extremistische Partei des radikalen Rabbis Meir Kahane. Als Chef der Partei „Jüdische Kraft“ wird er in der Tradition von Kahane gesehen. Er stand mehrfach wegen rassistischer und hetzerischer Sprüche und Aktionen vor Gericht, wurde unter anderem 2007 verurteilt, weil er die Vertreibung der Araber aus Israel gefordert hatte. In den 1990er-Jahren war er aktiv an Protesten gegen das Osloer Friedensabkommen beteiligt. Wenige Wochen vor der Ermordung von Ministerpräsident Yitzhak Rabin im Jahr 1995 trat Ben-Gvir erstmals öffentlich in Erscheinung, als er im Fernsehen auftauchte und eine Cadillac-Kühlerfigur schwenkte, die von Rabins Auto gestohlen worden war, und erklärte: „Wir sind bis zu seinem Auto gekommen, und wir werden auch ihn kriegen.“ Wegen seiner Aktivitäten bekam der 46-Jährige seine Anwaltszulassung nur mit Mühe.
