Die Woche auf dem Boulevard

Anja Rützels Kolumne: Hobby-Fern-Forensik und Flittermüll

Lizzo wird Mobbing und sexuelle Demütigung vorgeworfen und Cardi B. Körperverletzung. Und was macht eigentlich Helene Fischer? Das war die Woche auf dem Boulevard.

Man will einfach keinen Ärger mit ihr: Cardi B.
Man will einfach keinen Ärger mit ihr: Cardi B.David Cliff/Invision/dpa

Frau Rützel, wer hat Sie diese Woche wütend gemacht?

Die Musikerin Lizzo. Es ist inzwischen zwar längst keine Überraschung mehr, dass man Popstars prophylaktisch am besten nicht mehr über den Weg trauen sollte als dem ganz gewöhnlichen Menschen, aber dass die Sängerin nun womöglich ausgerechnet exakt gegen die moralischen Prinzipien und Botschaften verstoßen soll, die wichtigster Teil ihres Markenkerns waren, schockt mich dann doch. Drei ehemalige Tänzerinnen beschuldigen Lizzo nun nämlich, sie gemobbt und sexuell gedemütigt zu haben, außerdem werfen sie ihr rassistische Belästigung, Diskriminierung aufgrund einer Behinderung, Körperverletzung und Freiheitsberaubung vor. Und sie soll eine Tänzerin beleidigt haben, weil sie zugenommen habe. Die Sängerin, die bisher so glaubhaft für Empowerment, sexuelle Selbstbestimmung und Körperakzeptanz stand, nennt die Vorwürfe selbst „unglaublich“ und „abscheulich“. Und ich frage mich, ob auch das plausibelste, glaubhafteste Image am Ende eben doch nur ein PR-Katalysator ist.

Lizzo muss sich der juristischen Untersuchung dieser Vorwürfe noch stellen, die Rapperin Cardi B. hat das schon hinter sich: Sie hatte eine Konzertbesucherin bei einem Auftritt mit ihrem Mikro beworfen, die Polizei in Las Vegas schloss den Fall nun wegen unzureichender Beweise.

Nachdem ich als Hobby-Fern-Forensikerin das im Netz kursierende Video vom fraglichen Vorfall wirklich ausgiebig studiert habe, muss ich tatsächlich auch einräumen: Ich steige nicht ganz durch, was da vergangenes Wochenende nun wirklich passiert ist. Man sieht zwar, dass Cardi B. bei ihrem Auftritt aus den Zuschauerreihen mit einem Getränk bespritzt worden ist, worauf sie dann also besagtes Mikro ins Publikum pfefferte. Ob sie dabei tatsächlich jemanden getroffen und verletzt hat, war allerdings nicht zu erkennen. Und es gibt noch einen zweiten Videoausschnitt, auf dem Cardi B. während ihres Auftritts um Wasser bittet. Eine Person aus ihrem Team ermuntert dann das Publikum, die Rapperin mit Wasser zu bespritzen. Ob das nun vor oder nach ihrer Mikro-Attacke passierte: Unklar. Falls jemand diesen mäßig spektakulären Fall überraschenderweise doch besonders interessant findet, kann er oder sie das Wurfgeschoss übrigens gerade auf Ebay ersteigern. Ein Mitarbeiter des technischen Ausstatters verhökert das Mikro dort für einen guten Zweck, am Freitagmittag stand das letzte Gebot bei 99.900 Dollar.

Anja Rützel und Hund Juri
Anja Rützel und Hund JuriPrivat

Serena Williams, Top-Tennisspielerin in Rente, erfuhr vergangene Woche mittels einer ziemlich spektakulären Drohnenshow, ob sie demnächst einen Jungen oder ein Mädchen zur Welt bringen wird. Wir fanden Sie diese fancy Verkündung?

Weil ich mich gerne darüber echauffiere, wenn die Instagram-Prominenz für den ohnehin sonderbaren Anlass des sogenannten „Gender-Reveals“, der Geschlechtsenthüllung also, einen Haufen Flittermüll produziert, weil dabei auch öfters mal rosa oder blaue Glitzerkanonen abgefeuert werden, finde ich diese Variante tatsächlich ganz smart. „It’s a girl“, schrieben die Drohnen schließlich bei der Babyparty in den Himmel, und das passt natürlich gut, weil Alexis Ohanian, Serenas Ehemann, ein erfolgreicher Tech-Unternehmer ist. Zuvor hatte er seine Gattin mit einem Kuchen hoppgenommen, dessen Füllung angeblich das Geschlecht des Babys verraten sollte. Beim feierlichen Anschnitt zeigte sich dann allerdings gelbe Buttercreme, und mit gutem Willen kann man das als verstecktes Zugeständnis sehen, wie unnötig und absurd derlei Verlautbarungen tatsächlich sind.

Was macht eigentlich Helene Fischer?

Wahrscheinlich, und hier lehne ich mich vermutlich nur unbedenklich weit aus dem Fenster, tritt sie auch dieses Jahr nicht als Überraschungsgast beim aktuell schwerst verschlammten Wacken-Festival an – obwohl diese witzig gedachte Mutmaßung treulich seit Jahren von grobhumorigen Menschen ins Internet gekichert wird. Seit Olaf, der Flipper, aber im Juni im Glitzerjackett überraschend bei „Rock am Ring“ performte, ist andererseits natürlich alles möglich. Mach et, Helene!

Die Fragen stellte Christian Seidl.


Anja Rützel ist freie Autorin und schreibt vor allem über Fernsehen und Tiere. Für die Berliner Zeitung am Wochenende beobachtet sie die wunderliche Welt der Promis.