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Ob und wie Schinkels Bauakademie in der Mitte Berlins wieder aufgebaut werden sollte, bleibt strittig. Zuletzt fing sich der Berliner Bausenator Christian Gaebler scharfe Kritik von Wolfgang Schoele, dem Vorstand der Errichtungsstiftung Bauakademie, ein. Gaebler hatte angedeutet, die Bauakademie könne statt mit vier originalgetreuen Fassaden auch mit nur dreien – und einer modernen – wiedererrichtet werden. Schoele monierte: Wer Schinkel wolle, müsse für die komplette Rekonstruktion sein. Würde Schinkel heute leben, er würde die Bauakademie genauso wieder bauen. Alles andere sei absurde Unterstellung. Das allerdings wird Schinkel nicht gerecht.
In der Architektur bedeutend geworden ist Karl Friedrich Schinkel als Wegbereiter des Historismus und der Moderne. Er war kein Verfechter von Wiederholungen oder Nachahmungen, sondern ein Visionär, der nach innovativen Lösungen suchte, um das Nützliche mit dem Schönen zu vereinen. Auch ist fraglich, ob eine originalgetreue Rekonstruktion der Bauakademie die Bedeutung Schinkels für Berlin wirklich bewahren und sie Menschen nahebringen kann. Das Gebäude war seinerzeit nicht beliebt. Nach dem Tode Schinkels beauftragte Richard Lucae den direkten Umbau des Inneren, weiterhin gab es Pläne für die Erweiterung des Gebäudes.

Es war auch nicht, wie manchmal dargestellt, das erste Gebäude im profanen Rohziegelbau. Dies war das Privathaus von Tobias Christoph Feilner, in der heutigen Feilnerstraße, das früher als die Bauakademie erbaut wurde, aber leider nicht erhalten geblieben ist. Eine originalgetreue Rekonstruktion der Bauakademie als Replik wäre letztlich nur ein zeitlos wirkender, sentimentaler Sehnsuchtsbau. Aber, muss überhaupt gebaut werden? Lässt sich die Sehnsucht, Schinkel und die Bauakademie in der historischen Mitte Berlins zu sehen, nur durch ein neues Gebäude erfüllen? Nein.
Auch die offene Fläche ist von historischer Bedeutung
Schinkel war bekannt dafür, Bestehendes nicht abzureißen oder zu überbauen, sondern Vorgefundenes in neue Entwürfe zu integrieren. Eine offene Fläche könnte die historische Entwicklung Berlins sichtbar machen – von den Napoleonischen Kriegen bis zur Nachwendezeit. Insbesondere das Originalfundament, bereits jetzt ein Bodendenkmal, könnte hierin eine besondere Rolle spielen. Auch die von Peter Joseph Lenné gestaltete Fläche sollte aus Denkmalschutzgründen erhalten bleiben. Sie ist ein wichtiger Teil der historischen Stadtstruktur. Landschaftsarchitektur und Bepflanzungen könnten an die enge Zusammenarbeit Schinkels mit Lenné, aber auch mit Albrecht Thaer erinnern.
Erinnert werden könnte auch an den Umgang der DDR mit der nach dem Zweiten Weltkrieg noch vorhandenen historischen Architektur Preußens. Zum Beispiel sind das Originalfries und das Originalportal der Bauakademie in der Schinkelklause wenige Meter vom Grundstück der Bauakademie entfernt zu sehen, als sogenannte Spolien eingesetzt in der Fassade. Auch die Geschichte des Außenministeriums der DDR – durch dessen Abriss nach der Wende die heutige Freifläche und die damit verbundenen Sehnsüchte überhaupt erst entstanden – könnte der Öffentlichkeit vermittelt werden.
Städtebaulich würde eine Freifläche die Sichtachsen zwischen Dom, Schloss und Schinkels erhaltenen Bauten (dem Alten Museum und der Friedrichswerderschen Kirche) freihalten und so ihre räumliche und visuelle Verbindung betonen. So würde erfahrbar, worin Schinkels städtebauliche Vision bestand: weg von der durch Enge und Dichte geprägten mittelalterlichen Stadt, stattdessen Freiflächen und Solitärbauten. Der Stadtmitte Raum zurückzugeben, wäre auch ganz praktisch nützlich: Im Katastrophenfall könnte die Fläche als Ort für Medikamentenausgabe oder Materialverteilung dienen.

Ein Raum für den Menschen auf der Bühne des Stadtbildes
Und schließlich ein weniger bekannter Umstand: Zu Lebzeiten verdankte Schinkel seine Berühmtheit ganz entscheidend auch seiner anderen Leidenschaft: der fürs Theater. Seine Bühnenbilder, wie das für die Oper „Undine“ von 1816, setzten neue Maßstäbe und beeinflussten die Theaterästhetik nachhaltig. Schinkel nutzte zeichnerische Präzision und innovative Techniken wie kontrollierte Beleuchtung, um Stimmungen wie Dämmerung oder Nacht zu erzeugen. So eine Atmosphäre hatte man auf der Bühne damals noch nicht gesehen!
Umgekehrt hatte seine Architektur oft eine inszenierende Qualität und gestaltete Räume als Bühnen für gesellschaftliche Interaktionen, wie zum Beispiel den Eingangsbereich des Alten Museums am Lustgarten. Eine Freifläche als Bühne für kulturelle und gesellschaftliche Veranstaltungen könnte an diese unbekanntere Seite Schinkels erinnern.
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