„Ick weeß nich wat los is in der Welt der Künstlichen Intellijenzler“, sagt mein innerer Berliner. „Da wird ja nur noch jelogen!“ Anlass für das Genöle ist wieder mal ein Bericht. Ein Fernsehsender hat jüngst ein neues Sprachmodell im Internet getestet, das ChatGPT genannt wird. Ich nenne es Chatty.
Es zählt zur sogenannten Künstlichen Intelligenz. Jeder kann ins Internet gehen und ihm irgendeinen Auftrag geben: „Schreib mir einen Lebenslauf, einen Artikel, ein Gedicht!“ Und das macht das Ding dann auch.
Eine junge Fernsehreporterin namens Nadine hatte ausprobiert, ob Chatty in kürzester Zeit eine Bachelorarbeit für die Uni schreiben könne. Und wirklich: Es schnurrte in drei Tagen 31 Seiten zusammen. Ein Münchner Uni-Professor, dem man die Arbeit vorlegte, staunte nicht schlecht. Alles las sich recht flüssig. Man könnte fast drauf reinfallen. Dummerweise hatte Chatty aber auch Dinge erfunden, zum Beispiel Bücher als Quellen angegeben, die gar nicht existieren.
Alternative Fakten nennen sich jetzt Datenhalluzinationen
Aber wie kommt das? Schließlich wurde Chatty von Menschen programmiert. Es kann also nur so sein, dass man ihm eingegeben hat: „Hallo Chatty, wenn du mal was nicht kennst, dann denk dir einfach irgendwas aus, samt irgendeiner Quelle!“ Das läuft dann so, wie einst bei uns Berliner Kindern. Einer rief: „Früher ham hier Außerirdische jelebt! Ich weiß dit janz jenau. Die ham lilane und orangschene Anzüje anjehabt und mit Laser-Flitzebooren jeschossen.“ – „Stimmt jar nicht“, schallte es ihm entgegen. – „Doch, meene Mutta hat’n Buch davon.“ – „Wie heißt’n dit?“ – „Professor Kugelkopp: Die Marsmänna von de Mittelheide.“
So etwas nennt sich alternative Fakten. Bei Chatty spricht man von Datenhalluzinationen. Und die sind offenbar gewaltig. Ich habe Chatty jetzt mal getestet, und zwar mit meinem Namen und den Angaben „Journalist“ und „Berlin“. Er sollte einen Nachruf auf mich verfassen oder eine Story über mein Leben schreiben. Offenbar hatte Chatty kein echtes Material, obwohl sich ja einiges im Internet findet.
Also begann er zu datenhalluzinieren. Er erzählte munter, ich sei 1966 in Hamburg geboren, hätte dort in den größten Magazinen gearbeitet, viele Preise eingeheimst, mehrere Bücher über Politik und Zeitgeschehen verfasst, darunter „The End of Europe“ (ein Buch, das übrigens von einem amerikanischen Autor stammt). Wie nennt man das? Mit fremden Federn geschmückt werden?
„Spinn weiter, der Faden is jut!“, hätte mein Berliner Opa gesagt
In einer anderen Geschichte heißt es, meine Redaktion habe mich eines Tages nach Afrika geschickt, „wo ein brutaler Bürgerkrieg tobte“. Ich sei von einem provisorischen Krankenhaus zum anderen gezogen, um mit Ärzten und Verwundeten zu reden. Nachts sei ich dann auf dem Weg zum Hotel von einer Gruppe bewaffneter Männer überfallen worden. „Sie schlugen ihn brutal zusammen und stahlen seine gesamte Ausrüstung, sodass er mitten in der Stadt gestrandet und hilflos zurückblieb“, heißt es in der blumigen Geschichte. Am Ende ging alles gut. Ich hätte mich vollständig erholt, heißt es. Dankeschön!






