Nahost

Westjordanland: Israelische Armee stürmt und schließt Al-Dschasira-Büro vor laufender Kamera

Die israelische Armee führte eine Razzia in den Büroräumen des Nachrichtensenders Al-Dschasira in Ramallah durch. Die Razzia wurde live übertragen.

Israelische Soldaten drangen in die Büros des Senders Al-Dschasira im Westjordanland ein und verfügten seine vorläufige Schließung.
Israelische Soldaten drangen in die Büros des Senders Al-Dschasira im Westjordanland ein und verfügten seine vorläufige Schließung.Al-Dschasira/Screenshot

Israelische Soldaten haben das Büro von Al-Dschasira in Ramallah im Westjordanland gestürmt. Laut dem katarischen Nachrichtensender wurde per Militärbefehl ein 45-tägiges Sendeverbot verhängt. Die Razzia fand in der Nacht von Samstag auf Sonntag statt und wurde live im Fernsehen übertragen, bevor israelische Soldaten die Journalisten aufforderten, ihre Kameras mitzunehmen und das Büro zu verlassen.

Wie das israelische Armeeradio am Sonntagmorgen berichtete, bestätigte die IDF die Entscheidung, die „in Übereinstimmung mit den Vorgaben der politischen Ebene und der Rechtsberatung getroffen wurde, nachdem festgestellt wurde, dass die Sendungen die Sicherheit des Staates gefährden“.

Al-Dschasira zitiert seine Korrespondentin in Ramallah, Nida Ibrahim, mit den Worten, die Schließung sei keine Überraschung. Dem Fernsehsender wurde bereits verboten, aus Israel zu berichten. „Wir haben gehört, dass israelische Beamte damit gedroht haben, das Büro zu schließen. Wir haben gehört, dass die Regierung darüber diskutiert und den Militärherrscher im besetzten Westjordanland auffordert, den Sender zu schließen und abzuschalten“, sagte sie und fügte hinzu: „Aber wir [hatten] nicht damit gerechnet, dass es heute passieren würde“.

Der arabische Sender veröffentlichte daraufhin ein Video, in dem Büroleiter Walid al-Omari von Soldaten konfrontiert wird, während er vor dem Gebäude weiter berichtet. Die Soldaten verdecken daraufhin die Kameralinse mit den Händen, um den Kameramann am Filmen zu hindern. Ein weiteres Video zeigt, wie sie ein Bild der Korrespondentin Schirin Abu Akle herunterreißen, die 2022 bei der Berichterstattung über eine Razzia in Dschenin getötet wurde. Später hatte Israel eingeräumt, dass die Wahrscheinlichkeit hoch sei, dass sie von einem israelischen Soldaten erschossen wurde, und sich ein Jahr nach ihrem Tod bei ihrer Familie entschuldigt.

Die israelische Regierung hatte bereits im Mai ein Notfallgesetz genutzt, den Betrieb des Senders in Israel einzustellen. Das sogenannte Al-Dschasira-Gesetz ermöglicht Israels Regierung eine Schließung ausländischer TV-Sender, wenn diese als Risiko für die Staatssicherheit eingestuft werden. Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hatte den arabischen Sender als „Sprachrohr“ der Hamas bezeichnet, das der Sicherheit Israel geschadet habe. Al-Dschasira hatte die Vorwürfe zurückgewiesen und von einem „kriminellen Akt“ gesprochen. (mit dpa)