Ein Gericht in Moskau hat eine zweimonatige Untersuchungshaft gegen den wegen Spionagevorwürfen festgenommenen US-Reporter Evan Gershkovich angeordnet. Gershkovich bleibe vorerst bis zum 29. Mai in Haft, diese könne anschließend verlängert werden, erklärte das Lefortowski-Gericht am Donnerstag. Wie die staatliche russische Nachrichtenagentur Tass unter Berufung auf Polizeikreise meldete, wurde der Fall als „streng geheim“ eingestuft. Der Journalist wies demnach die gegen ihn erhobenen Vorwürfe zurück.
Der russische Geheimdienst FSB hatte zuvor erklärt, der Korrespondent des Wall Street Journal stehe im Verdacht der „Spionage im Interesse der amerikanischen Regierung“. Der 31-Jährige werde zudem verdächtigt, Informationen „über ein Unternehmen des militärisch-industriellen Komplexes“ in Russland gesammelt zu haben. Gemäß Artikel 276 des russischen Strafgesetzbuches stehen auf Vorwürfe wie diese zehn bis 20 Jahre Gefängnis.
US-Regierung steht im direkten Kontakt mit Russland
Die US-Regierung hat die Inhaftierung eines US-Journalisten in Russland „aufs Schärfste“ verurteilt. „Die Verfolgung amerikanischer Staatsbürger durch die russische Regierung ist inakzeptabel“, teilte das Weiße Haus am Donnerstag mit. „Wir sind zutiefst besorgt über die beunruhigenden Berichte, dass Evan Gershkovich, ein amerikanischer Staatsbürger, in Russland festgenommen wurde.“ Das US-Außenministerium stehe in direktem Kontakt mit der russischen Regierung und bemühe sich aktiv darum, Gershkovich konsularischen Zugang zu verschaffen.
Am Mittwochabend (Ortszeit) hätten Vertreter der US-Regierung mit dem Arbeitgeber Gershkovichs, dem Wall Street Journal gesprochen. Man stehe auch in Kontakt mit der Familie des Journalisten. „Wir verurteilen auch die fortgesetzte Verfolgung und Unterdrückung von Journalisten und der Pressefreiheit durch die russische Regierung“, teilte das Weiße Haus weiter mit.

Dieser Tatverdacht richtet sich gegen den 31-Jährigen
Der russische Geheimdienst erklärte zudem, die „illegalen Aktivitäten des US-Bürgers Evan Gershkovich“ gestoppt zu haben, meldeten zuvor staatliche russische Agenturen am Donnerstag unter Berufung auf Sicherheitsdienste.
Der beim russischen Außenministerium akkreditierte Korrespondent des Moskauer Büros des Wall Street Journal stehe im Verdacht der „Spionage im Interesse der amerikanischen Regierung“. Der 31-Jährige werde zudem verdächtigt, Informationen „über ein Unternehmen des militärisch-industriellen Komplexes“ in Russland gesammelt zu haben.
Breaking: Russia’s main security agency said it had detained Wall Street Journal reporter Evan Gershkovich, a U.S. citizen, for what it described as espionage https://t.co/5mr3h7uroZ
— The Wall Street Journal (@WSJ) March 30, 2023
Bevor Gershkovich im vergangenen Jahr zu der US-Zeitung wechselte, war er Korrespondent für die Nachrichtenagentur AFP in Moskau. Er arbeitete auch für die Moscow Times, ein englischsprachiges Nachrichtenportal. Gershkovich ist gebürtiger Russe, seine Eltern leben in den USA.
Weißes Haus: US-Bürger sollten Russland sofort verlassen
Die Regierung in Washington erneuerte zudem ihren Aufruf an US-Staatsbürger, sofort aus Russland auszureisen. Die Anwesenheit von US-Amerikanern in Russland sei zutiefst besorgniserregend, sagte der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrats im Weißen Haus, John Kirby, am Donnerstag. Von der Festnahme des US-Reporters Evan Gershkovich und den Vorwürfen gegen ihn sei man überrascht worden. Es habe keine Vorwarnung gegeben und auch keine Anzeichen dafür, dass Russland eine Art größere Aktion gegen Journalisten im Allgemeinen plane, sagte Kirby weiter. Es sei nun noch zu früh zu sagen, ob dies der Fall sei.
Das US-Außenministerium rät Bürgerinnen und Bürgern der USA bereits von Reisen nach Russland ab – auch wegen des Risikos unrechtmäßiger Inhaftierungen. Es sei nicht neu für Russland, US-Amerikaner festzuhalten oder gegen eine freie und unabhängige Presse vorzugehen, sagte Kirby.
Bundesregierung „tief besorgt“ über Verhaftung
Die deutsche Bundesregierung hat sich „tief besorgt“ über die Verhaftung des US-Journalisten Evan Gershkovich in Russland geäußert. „Die Arbeit von in Russland akkreditierten ausländischen Korrespondentinnen und Korrespondenten muss ungehindert und ohne Einschüchterungen möglich sein“, sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amts am Donnerstagabend auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur. „Journalismus darf nicht kriminalisiert werden.“
Seit Ukraine-Krieg: Russland verschärft Gangart
US-Amerikaner werden immer wieder in Russland wegen Spionage verdächtigt. Das dürfte der erste Fall eines Journalisten sein, der offiziell beim russischen Außenministerium akkreditiert ist. Russland hatte zuletzt im Zuge des Ukraine-Kriegs die Gangart gegen westliche Journalisten verschärft. Die russische Opposition sprach von einer „Geiselnahme“.



