Grundsatzurteil „Roe v. Wade“

USA: Supreme Court kippt Recht auf Abtreibung, Missouri reagiert sofort

Der Oberste Gerichtshof der USA hat das landesweite Recht auf Abtreibung gekippt. Damit machten die Richter den Weg für schärfere Abtreibungsgesetze frei.

Der Supreme Court
Der Supreme CourtAP/Mariam Zuhaib

Der Oberste Gerichtshof der USA hat das liberale Abtreibungsrecht gekippt. Der mehrheitlich von konservativen Richtern besetzte Supreme Court hob am Freitag das Grundsatzurteil „Roe v. Wade“ aus dem Jahr 1973 auf und machte mit seiner Entscheidung am Freitag den Weg für schärfere Abtreibungsgesetze frei.

Die Entscheidung macht Schwangerschaftsabbrüche nicht illegal, von nun an steht es den einzelnen US-Bundesstaaten jedoch frei, Abtreibungen zu erlauben, sie einzuschränken oder gänzlich zu verbieten. Missouri reagierte als erster US-Bundesstaat nach dem Urteil des Obersten Gerichtshofs und verbot Abtreibungen. „Missouri ist seit gerade eben der Erste im Land, der Abtreibungen wirksam ein Ende setzt“, erklärte der Justizminister des Staates im Mittleren Westen, Eric Schmitt, am Freitag auf Twitter. Kurz zuvor hatte der Supreme Court das seit fünf Jahrzehnten in den USA geltende Recht auf Abtreibung gekippt und es damit den einzelnen Bundesstaaten freigestellt, Abtreibungen zu erlauben, sie einzuschränken oder gänzlich zu verbieten.

„Die Verfassung gewährt kein Recht auf Abtreibung“, heißt es in der Urteilsbegründung. Die Entscheidung ist keine Überraschung: Anfang Mai hatte das Magazin Politico einen Entwurf dazu veröffentlicht. Daraus ging bereits hervor, dass das Gericht so entscheiden will. Daraufhin gab es einen Aufschrei von Frauenrechtsorganisationen, Kliniken und Liberalen. Das Urteil ist nun so drastisch wie erwartet. In etwa der Hälfte der Bundesstaaten dürfte es nun zu weitgehenden Einschränkungen kommen.

USA: Abtreibungen bisher bis zur 24. Woche erlaubt

Es gibt in den USA kein landesweites Gesetz, das Schwangerschaftsabbrüche erlaubt oder verbietet. Abtreibungen sind aber mindestens bis zur Lebensfähigkeit des Fötus erlaubt – heute etwa bis zur 24. Woche. Dies stellte bisher ein Urteil des Obersten US-Gerichts von 1973 sicher, das als Roe v. Wade bekannt ist. Ein weiteres Urteil von 1992, Planned Parenthood v. Casey, bestärkte die Rechtsprechung und passte sie etwas an. Der Supreme Court hat diese Entscheidungen nun gekippt.

Biden nennt Abtreibungsurteil „tragischen Fehler“

US-Präsident Joe Biden bezeichnete die historische Entscheidung des Obersten Gerichtshofs als „tragischen Fehler“. „Es ist meiner Ansicht nach die Verwirklichung einer extremen Ideologie und ein tragischer Fehler des Obersten Gerichtshofs“, sagte Biden. „Ich werde alles in meiner Macht stehende tun, um diesen zutiefst unamerikanischen Angriff zu bekämpfen.“ Der US-Kongress müsse jetzt handeln, um in der Sache das letzte Wort zu haben. „Es ist nicht vorbei“, so Biden.

Das Abtreibungsrecht ist in den USA immer wieder Thema heftiger Auseinandersetzungen. Gegner versuchen, die liberalen Regeln seit Jahrzehnten zu kippen. Unter dem vorigen Präsidenten Donald Trump rückte der Supreme Court deutlich nach rechts. Der Republikaner ernannte während seiner Amtszeit die Richter Neil Gorsuch, Brett Kavanaugh und Amy Coney Barrett. Die Richterinnen Sonia Sotomayor und Elena Kagan sowie Richter Stephen Breyer stimmten gegen die Entscheidung. Sie gelten als liberal.

Trump feiert Abtreibungsurteil als Entscheidung Gottes

Ex-US-Präsident Donald Trump hat die Entscheidung des Supreme Court, das landesweite Recht auf Abtreibung zu kippen, als Entscheidung Gottes gefeiert. „Gott hat das entschieden“, sagte der 76-Jährige am Freitag dem Sender Fox News. Der Schritt stehe im Einklang mit der Verfassung und hätte schon „vor langer Zeit“ geschehen sollen.

Trump hatte im Wahlkampf 2016 angekündigt, er werde Verfassungsrichter nominieren, die sich für ein Ende von „Roe v. Wade“ einsetzen würden. Damit wollte er sich insbesondere die Stimmen konservativer Christen sichern, die ihm lange skeptisch gegenüberstanden.