Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat einen historischen Sieg der Opposition bei den Kommunalwahlen eingeräumt. Er sprach am Sonntag von einem „Wendepunkt“ für sein Lager, das seit 2002 an der Macht ist. Nach Auszählung von fast 99 Prozent der Wahlurnen im Land erlitt Erdogans islamisch-konservative AKP ihr schlimmstes Wahldebakel seit zwei Jahrzehnten. Die größte Oppositionspartei, die sozialdemokratische CHP, erklärte sich in Istanbul und Ankara, den größten Städten des Landes, zum Sieger. Mit der Bekanntgabe von endgültigen Ergebnissen wird im Laufe des Montags gerechnet.
„Leider haben wir nicht die Ergebnisse erzielt, die wir uns gewünscht haben“, sagte Erdogan am Sitz seiner AKP in Ankara vor einer ungewöhnlich stillen Menschenmenge. „Wir werden natürlich die Entscheidung der Nation respektieren.“
Istanbuls Bürgermeister: „Morgen ist ein neuer Frühlingstag für unser Land“
Kurz zuvor verkündete der amtierende Bürgermeister der größten Stadt Istanbul, Ekrem Imamoglu, seine Wiederwahl. „Wir stehen an erster Stelle mit einem Vorsprung von mehr als einer Million Stimmen“, sagte er vor Journalisten. „Wir haben die Wahl gewonnen“, fügte er hinzu und erklärte, es seien 96 Prozent der Wahlurnen ausgezählt. „Morgen ist ein neuer Frühlingstag für unser Land.“
Imamoglus Anhänger waren zuvor zum Sitz der Stadtverwaltung geströmt. Der 52-jährige CHP-Politiker hatte 2019 überraschend die Bürgermeisterwahl in der Metropole gewonnen. Vor dem Sitz der Oppositionspartei in Istanbul versammelte sich eine große Menschenmenge. Türkische Flaggen wurden geschwenkt und Fackeln angezündet, um das Ergebnis zu feiern.
In Ankara erklärte sich der amtierende Bürgermeister Mansur Yavas von der CHP ebenfalls zum Wahlsieger. Vor einer jubelnden Menge sagte er, dass „diejenigen, die ignoriert wurden, eine klare Botschaft an diejenigen gesendet haben, die dieses Land regieren“.
Der CHP-Vorsitzende Özgür Özel sagte, „die Wähler haben dafür gestimmt, das Gesicht der Türkei zu verändern“. Er fügte hinzu: „Sie wollen die Tür öffnen für ein neues politisches Klima in unserem Land.“
Neben Izmir, CHP-Hochburg und drittgrößte Stadt des Landes, und Antalya im Süden der Türkei – hier feierten Anhänger der Opposition den Sieg auf den Straßen –, zeichnete sich auch in Anatolien ein spektakulärer Erfolg der CHP ab. Fast endgültigen Ergebnissen zufolge lag die Oppositionspartei auch in einigen Provinzhauptstädten vorne, die lange von der AKP dominiert wurden.
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Wahl in der Türkei: Zwei Tote und 15 Verletzte bei Zusammenstößen
Aus dem kurdisch geprägten Südosten des Landes wurden derweil Zusammenstöße gemeldet. Ein örtlicher Behördenvertreter sagte der Nachrichtenagentur AFP, bei dem Vorfall in einem Dorf 30 Kilometer von der Provinzhauptstadt Diyarbakir entfernt sei es zu Gewalttätigkeiten gekommen. Dabei seien zwei Menschen getötet worden. In der Stadt wurden dabei auch elf Menschen verletzt, und in dem Ort Siirt vier, berichtete die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu.
