In der republikanischen Partei der USA bahnt sich ein Bruch mit einer bislang unerschütterlichen außenpolitischen Grundhaltung an: der bedingungslosen Unterstützung Israels. Während sich Präsident Donald Trump selbst weiter hinter den israelischen Premierminister Benjamin Netanjahu stellt, wächst in seiner MAGA-Bewegung (Make America Great Again) lautstarker Unmut über das Vorgehen Israels im Gazastreifen. Bilder hungernder Kinder und Warnungen internationaler Hilfsorganisationen haben eine Debatte ausgelöst, die selbst innerhalb des konservativen Lagers neue Risse offenbart.
Trump erkennt Hungerkrise an – bleibt aber bei Netanjahu
Erstmals äußerte sich Trump Anfang der Woche deutlicher zur humanitären Lage in Gaza. In einem Gespräch mit Reportern an Bord der Air Force One sagte der Präsident, dass es „echte Hungersnot“ im Gazastreifen gebe, und kündigte an, die USA würden Nahrungsmittelhilfe und Versorgungszentren unterstützen. Auf die Frage, ob er Israels Darstellung teile, wonach die humanitäre Lage übertrieben werde, antwortete Trump ungewöhnlich offen: „Wenn ich mir das im Fernsehen anschaue – diese Kinder sehen sehr hungrig aus.“
Ein hochrangiger US-Beamter erklärte später gegenüber NBC News, Trump sei „verstört“ gewesen von den Bildern, die er in TV-Berichten gesehen habe. Der Präsident selbst sagte: „Man kann das nicht fälschen. Das ist real.“ Dennoch vermied Trump eine direkte Kritik an der israelischen Regierung. Er wolle Israel derzeit nicht unter Druck setzen, eine langfristige Lösung zu finden, erklärte er, „weil man argumentieren könnte, dass man Hamas damit belohnt“. Das sei für ihn keine Option.
MAGA-Basis zunehmend kritisch: Von „Genozid“ ist die Rede
Weitaus schärfer äußerten sich Mitglieder der radikalen republikanischen Rechten. Marjorie Taylor Greene, Kongressabgeordnete aus Georgia, bezeichnete Israels Handeln im Gazastreifen öffentlich als „Genozid“. In einem Social-Media-Beitrag schrieb sie, die Hungersnot und der Tod unschuldiger Kinder seien „ebenso entsetzlich wie der Hamas-Angriff vom 7. Oktober“. Sie forderte, 500 Millionen Dollar US-Finanzhilfen für das israelische Raketenabwehrsystem zu streichen.
Rep. Marjorie Taylor Greene became the first Republican in Congress to publicly refer to the humanitarian situation in Gaza as a "genocide."
— PBS News (@NewsHour) July 29, 2025
Her comments came in a social media post criticizing fellow Republican Rep. Randy Fine of Florida. Fine’s staunch support of Israel… pic.twitter.com/kLaGFO13mV
Auch ehemalige Trump-Vertraute wie Steve Bannon und Matt Gaetz kritisierten Israel öffentlich und warnten, die fortdauernde Unterstützung sei ein politisches Risiko für die republikanische Führung. „Für die unter 30-jährigen MAGA-Anhänger hat Israel praktisch keine Unterstützung mehr“, sagte Bannon gegenüber Politico. Eine Umfrage von CNN bestätigt diesen Trend: Nur noch 52 Prozent der Republikaner halten Israels Vorgehen für gerechtfertigt – im Jahr 2023 waren es noch 68 Prozent. Besonders unter jüngeren Wählern sinkt die Zustimmung rapide, heißt es.
Republikanisches Establishment verteidigt Israel – mit Einschränkungen
In der republikanischen Führung halten viele weiterhin an der strategischen Partnerschaft mit Israel fest. Senator Eric Schmitt erklärte, Israel habe jedes Recht, sich „so lange wie nötig“ gegen die radikalislamistische Hamas zu verteidigen. Auch Senatsmehrheitsführer John Thune sagte, man solle „alles tun, um eine helfende Hand zu sein“ – warnte jedoch vor „schlechten Akteuren“, die Hilfslieferungen behinderten.
Gleichzeitig bemüht sich das Weiße Haus unter Trump um eine Gratwanderung: Unterstützung für Israel – ohne dabei die wachsende humanitäre Not im Gazastreifen zu ignorieren. Ein anonymer Regierungsvertreter sagte gegenüber Politico, „niemand wolle hungernde Kinder sehen“, betonte aber zugleich, dass der Präsident an Netanjahu festhalte. Ziel sei es, „den Krieg zu beenden, die Tötungen zu stoppen und mindestens einen Waffenstillstand zu sichern“.

Internationale Kritik wächst – Europa droht mit Konsequenzen
Auch international steigt der Druck. Das Vereinigte Königreich kündigte am Mittwoch an, im Schulterschluss mit Frankreich einen palästinensischen Staat anzuerkennen, sollte Israel bis September keiner Waffenruhe zustimmen. Weitere Strafmaßnahmen europäischer Staaten stehen im Raum. Israel wiederum verweist auf Hamas als Hauptverantwortliche für die Versorgungskrise und bestreitet vehement, dass das eigene Vorgehen den Tatbestand von Kriegsverbrechen oder gar Völkermord erfülle.
Israel warf den Verbreitern von Bildern ausgehungerter Kinder zudem vor, gezielte Propaganda über soziale Medien zu betreiben. Viele der Aufnahmen seien mithilfe Künstlicher Intelligenz erstellt worden, hieß es – teils sogar auf Grundlage älterer Archivbilder. In einigen Fällen konnte dies tatsächlich nachgewiesen werden.
Die Debatte ist parteiübergreifend – und emotional
Selbst außerhalb republikanischer Kreise mehren sich Stimmen, die das Geschehen nicht mehr hinnehmen wollen. Der demokratische Stratege Mike Nellis sagte gegenüber der AFP, es handle sich um einen jener seltenen Momente, in denen eine Krise „das übliche parteipolitische Raster sprengt“. Bilder ausgehungerter Kinder seien für viele Menschen schwerer zu ertragen als militärische Zerstörung: „Kein zivilisierter Mensch sieht Hunger als legitimes Mittel der Kriegsführung“, so der Politologe Michael Montgomery von der University of Michigan gegenüber der AFP.


