Arktis

Wenn USA und EU nicht investieren: Grönland droht, sich China zuzuwenden

„Wir wollen uns mit europäischen und amerikanischen Partnern zusammenschließen. Aber wenn sie nicht auftauchen, müssen wir uns wohl nach anderen Möglichkeiten umsehen“, heißt es aus Nuuk.

Grönland: Eisbrocken bewegen sich durch das Meer auf der Insel Qoornoq in der Nähe von Nuuk.
Grönland: Eisbrocken bewegen sich durch das Meer auf der Insel Qoornoq in der Nähe von Nuuk.Emilio Morenatti/AP

Grönlands Wirtschaftsministerin hat angekündigt, sich künftig China zuwenden zu wollen, sollten die USA und Europa nicht bald in den Abbau der grönländischen Bodenschätze investieren. Gegenüber der Financial Times sagte Naaja Nathanielsen, Grönlands Ministerin für Wirtschaft und Bodenschätze: „Wir wollen unseren Wirtschaftssektor entwickeln und diversifizieren, und das erfordert Investitionen von außen.“

Dabei will das rohstoffreiche Grönland offenbar nicht unbedingt wählerisch sein. „Wir wollen uns mit europäischen und amerikanischen Partnern zusammenschließen. Aber wenn sie nicht auftauchen, müssen wir uns wohl nach anderen Möglichkeiten umsehen“, antwortete Nathanielsen, nachdem sie konkret nach China gefragt worden war.

Grönland ist heute weitgehend von der Fischerei und einem dänischen Finanzzuschuss in Höhe von umgerechnet mehr als 500 Millionen Euro pro Jahr abhängig. Allein schon die Einkünfte aus Bergbaulizenzen und -steuern könnten für die 57.000-Einwohner-Insel jedoch ein neues wirtschaftliches Standbein bedeuten.

Erste Abkommen mit der EU stehen

Dabei hatte sich Grönland bereits vor einiger Zeit auf erste Abkommen mit der EU geeinigt. Vor knapp einem Jahr eröffnete etwa Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ein EU-Büro in der Hauptstadt Nuuk und unterzeichnete dabei zwei Kooperationsabkommen mit einem Gesamtvolumen von 94 Millionen Euro. Ein Teil davon sollte in Wertschöpfungsketten für Energie und kritische Rohstoffe investiert werden.

Zu den Rohstoffen wurde schon Ende 2023 eine Vereinbarung getroffen, die Grönland als strategischen Rohstofflieferanten für den ökologischen Wandel in Europa positionieren sollte. Dabei geht es nicht nur um seltene Erden, sondern zum Beispiel auch um Kupfer, Graphit und Lithium: Insgesamt hat die EU 34 kritische Rohstoffe identifiziert, die für den grünen und digitalen Wandel notwendig sind – und 23 davon finden sich in Grönland, wie der Mineralforscher Jakob Kløve Keiding vom Geologischen Dienst für Dänemark und Grönland (Geus) sagt.

US-Präsident Donald Trump hatte derweil in den vergangenen Monaten wiederholt mit der Übernahme der rohstoffreichen Rieseninsel durch die USA gedroht und dies mit Sicherheitsinteressen begründet. Auch China und Russland sind zunehmend aktiv in der Arktis, wo sich durch den Klimawandel neue Seewege eröffnen. Experten vermuteten jedoch, dass Trumps Interesse an den Rohstoffvorkommen keine kleine Rolle bei seinen Interessensbekundungen an der Insel gespielt haben dürfte.

Ein Flugzeug mit Donald Trump Jr. an Bord landete im Januar  in Nuuk.
Ein Flugzeug mit Donald Trump Jr. an Bord landete im Januar in Nuuk.Ritzau Scanpix Foto/AP

Reuters-Quellen zufolge erwägt Trump inzwischen, der grönländischen Führung einen sogenannten Compact of Free Association (COFA) mit den USA vorzuschlagen. Ein solches Abkommen würde es der US-Regierung ermöglichen, zentrale Dienstleistungen wie Postzustellung oder militärischen Schutz anzubieten. Im Gegenzug könnte Washington erwarten, dass das US-Militär ungehindert in Grönland operieren darf oder dass der Handel zollfrei erfolgt. Bislang haben sich weder die grönländische noch die dänische Regierung zu dem Bericht geäußert.

Nathanielsen: „Haben mehr bekommen, als wir wollten“

Dänische und grönländische Politiker beharren weiterhin darauf, dass das autonome Territorium der früheren Kolonialmacht Dänemark, in dem eine Bevölkerungsmehrheit langfristig für eine Unabhängigkeit ist, selbst über seine Zukunft entscheiden muss und die USA Grönland „niemals bekommen“ werden.

„Wir hatten gehofft, dass die Trump- Regierung eher bereit sein würde, mit Grönland einen Dialog über die Entwicklung des Mineraliensektors zu führen. Wir haben ein bisschen mehr bekommen, als wir wollten, denn wir wollen nicht amerikanisch sein“, fügte auch Wirtschaftsministerin Nathanielsen mit Blick auf die Invasionsdrohungen Trumps hinzu.