Polen

Wahlkrimi in Polen: Rechtskonservativer Nawrocki gewinnt knapp vor Trzaskowski

Bei der Präsidentenwahl in Polen gab es ein knappes Rennen: Nachdem alle Stimmen ausgezählt wurden, liegt nun der PiS-nahe Kandidat Nawrocki knapp vor dem Warschauer Bürgermeister Trzaskowski.

Karol Nawrocki: Der PiS-nahe Kandidat hat die Präsidentschaftswahlen in Polen gewonnen.
Karol Nawrocki: Der PiS-nahe Kandidat hat die Präsidentschaftswahlen in Polen gewonnen.Pawel Wodzynski/Imago

Bei der Stichwahl um das Präsidentenamt in Polen hat Karol Nawrocki nach Angaben der polnischen Nationalen Wahlkommission knapp vor Rafał Trzaskowski gewonnen. Der parteilose Historiker Nawrocki, der von der nationalkonservativen Oppositionspartei PiS unterstützt wird, erreichte 50,89 Prozent. Trzaskowski, Bürgermeister von Warschau und Kandidat der regierenden Bürgerplattform (PO), kommt demnach auf 49,11 Prozent. Noch am Abend lag Trzaskowski in der ersten Prognose vorn. Damit tritt Nawrocki die Nachfolge von Andrzej Duda an.

Zuvor war am Abend im Lager von Rafał Trzaskowski trotz des noch laufenden Wahlkrimis bereits Jubel ausgebrochen. Der liberale Präsidentschaftskandidat dankte seinen Unterstützern mit den Worten: „Wir haben gewonnen“ – und erklärte, der Ausdruck „auf Messers Schneide“ werde künftig fester Bestandteil der polnischen Politik sein, in Anspielung auf das äußerst knappe Ergebnis der ersten Prognose.

Auch Karol Nawrocki trat am Abend vor seine Anhänger. Er eröffnete seine Ansprache mit einem Bibelzitat und zeigte sich siegessicher: „Wir werden siegen, meine Damen und Herren. Heute Nacht werden wir siegen – wir werden Polen retten“, sagte der von der PiS unterstützte Kandidat. Man werde nicht zulassen, dass Premierminister Donald Tusk die Macht monopolisiere. „Heute Nacht müssen wir gewinnen – und wir wissen, dass es so kommen wird.“

Wahlbeteiligung deutlich höher als im Jahr 2020

Die Wahlbeteiligung stieg laut den Zahlen von Ipsos deutlich im Vergleich zur letzten Wahl im Jahr 2020. Diesmal gingen 72,8 Prozent der Berechtigten zur Wahl, damals waren es nur 68,2 Prozent gewesen. Auch in Deutschland hatten sich ungewöhnlich viele Auslandspolen für die Wahl registrieren lassen: 115.000 im Vergleich zu rund 70.000 bei der Wahl 2020, wie die polnische Botschaft in Berlin der Funke Mediengruppe mitteilte.

Die Wahl galt als möglicherweise richtungsweisend nicht nur für Polen, sondern für ganz Europa: Ein Sieg Trzaskowskis hätte Tusk und dessen Reformen neuen Schwung gegeben, die von dem bisherigen, rechtsnationalen Präsidenten Andrzej Duda blockiert worden waren. Nawrocki hingegen dürfte die bisher starke Unterstützung Polens für die Ukraine infrage stellen.

Der Präsident hat in Polen mehr Befugnisse als der Bundespräsident in Deutschland: Er ist Oberbefehlshaber der Streitkräfte, bestimmt die Außenpolitik mit und hat das Recht, Gesetze einzubringen oder sein Veto gegen sie einzulegen. (mit AFP)