Frankreich

Messerattacke in Annecy: Mann sticht in Park auf Kleinkinder ein

In Ostfrankreich ist ein Mann mit einem Messer auf eine Gruppe dreijähriger Kinder und einen Erwachsenen losgegangen. Vier Kleinkinder schweben in Lebensgefahr.

Ein Rettungshubschrauber steht nach einem Messerangriff in einem Park. Ein Angreifer hat in einem Park in der ostfranzösischen Stadt Annecy mehrere Kleinkinder mit einem Messer verletzt. 
Ein Rettungshubschrauber steht nach einem Messerangriff in einem Park. Ein Angreifer hat in einem Park in der ostfranzösischen Stadt Annecy mehrere Kleinkinder mit einem Messer verletzt. Florent Pecchio/L'Essor Savoyard/AP

Ein Angreifer hat in einem Park in der ostfranzösischen Stadt Annecy mehrere Kleinkinder und einen Erwachsenen mit einem Messer verletzt. Der Mann war nach Angaben aus Sicherheitskreisen gegen 9.45 Uhr mit einem Messer auf eine Gruppe Kinder in einem Park am Lac d'Annecy losgegangen. 

Der Angreifer verletzte insgesamt sechs Menschen, vier Kleinkinder und ein Erwachsener wurden lebensgefährlich verletzt. Ein weiterer Erwachsener sei bei dem Angriff leicht verletzt worden, sagte Staatsanwältin Line Bonnet-Mathis in Annecy. Die Kinder aus Frankreich, Großbritannien und den Niederlanden seien im Alter von 22 bis 36 Monaten. Es gebe „keine Hinweise auf ein terroristisches Motiv“, sagte sie. Die Polizei nahm den Täter fest.

Krankenwagen und Rettungsfahrzeuge stehen am Einsatzort nach einem Messerangriff in einem Park.
Krankenwagen und Rettungsfahrzeuge stehen am Einsatzort nach einem Messerangriff in einem Park.L'Essor Savoyard/AP

Messerattacke in Annecy: Das ist über den Täter bekannt

Die Hintergründe der Tat sind bislang nicht bekannt. Bei dem Angreifer handelt es sich um einen Syrer, der sich regulär in Frankreich aufhält. Der 1991 geborene Mann galt bislang als polizeilich unbekannt. Demnach lebte er zuvor zehn Jahre in Schweden. Seit April besaß er einen Flüchtlingsstatus. Nach Informationen aus Polizeikreisen war der  Syrer mit einer Schwedin verheiratet und ist selber Vater eines Dreijährigen.

Im vergangenen Jahr habe er sich scheiden lassen und sei nach Frankreich gekommen, wo er im vergangenen November erneut einen Asylantrag stellte. Dieser sei abgelehnt worden, weil er in Schweden schon als Flüchtling anerkannt gewesen sei. In seinem Antrag habe er sich als „syrischer Christ“ bezeichnet.

Laut der Lokalzeitung Le Dauphiné Libéré war der Mann ohne festen Wohnsitz und „auf dem Weg der Verwahrlosung“. Lokale Medien berichten, dass die Ermittler noch prüfen, ob er weitere Identitäten habe und ob er Drogen genommen habe.

Polizisten und Rettungskräfte am Tatort in Annecy. 
Polizisten und Rettungskräfte am Tatort in Annecy. Florent Pecchio/L'Essor Savoyard/AP

Ein Beschäftigter an einer der Anlegestellen am Lac d'Annecy berichtete, dass der Mann sich seit etwa zwei Monaten täglich von morgens bis abends auf einer Bank am Seeufer aufgehalten habe. Dabei habe er zeitweise Selbstgespräche geführt.

Nach Angaben der Staatsanwaltschaft war der Mann den Geheimdiensten nicht bekannt. Es gebe auch keine Hinweise auf frühere Aufenthalte in einer psychiatrischen Einrichtung. Die Ermittlungen wegen des Verdachts des versuchten Mordes stehen zwar erst am Anfang, wie Staatsanwältin Line Bonnet-Mathis betonte, das Motiv sei noch unklar. Sie sagte aber auch: „Zurzeit haben wir keine Anhaltspunkte, die ein terroristisches Motiv erkennen lassen würden.“ Zum Profil des Angreifers sagte Staatsanwältin Bonnet-Mathis aber: „Es ist heute viel zu früh, um dazu etwas zu sagen.“

Kleinkinder niedergestochen: Angreifer schreit „Im Namen Jesu“

Augenzeugen berichteten, dass der Mann mit dem Messer auch auf zwei Kinder eingestochen habe, die sich in einem Doppel-Kinderwagen befanden. Auf einem Video ist zu hören, dass er zwei Mal auf Englisch „Im Namen Jesu“ schrie .

In dem Video ist auch zu sehen, wie eine Frau den Mann schließlich von den Kindern wegstößt und um Hilfe schreit. Augenzeugen berichteten, dass der Mann fliehen wollte und dabei einen älteren Mann auf einer Bank angegriffen habe. Die Polizei habe geschossen und dabei auch den älteren Mann getroffen. 

„Es war ein bisschen unwirklich“, sagte ein Augenzeuge namens Malo dem Fernsehsender BFM TV. Der Angreifer habe geschrien. „Es war nicht unbedingt verständlich, was er sagte. Er griff Babys an (...), er flüchtete, die Polizei kam.“ Die Beamten hätten zunächst versucht, den Mann zu stoppen, ohne auf ihn zu schießen. „Als er merkte, dass er in eine Falle gelockt wurde, griff er eine ältere Person an und sie schossen ihm in die Beine“, sagte Malo, der sich zum Tatzeitpunkt in dem Park aufhielt.

Auch Ex-Profifußballer Anthony Le Tallec wurde Zeuge der Attacke. Beim Joggen am See habe er plötzlich Menschen auf sich zu rennen sehen. „Plötzlich sagte mir eine Mutter, rennen Sie, rennen Sie, da ist jemand, der alle niedersticht.“ Dann habe er den Täter über die Wiese rennen sehen, der von Polizisten verfolgt wurde. Der Täter sei auf ein Rentnerpaar zugelaufen und habe den alten Mann angegriffen und zweimal auf ihn eingestochen. Schließlich habe die Polizei den Angreifer überwältigt. Weiter unten am See habe er dann die angegriffenen Kinder auf dem Boden liegen gesehen.

Rechte Politiker ziehen Verbindung zu Migrationspolitik

Mehrere Politiker der rechtspopulistischen Partei Rassemblement National zogen eine Verbindung zwischen der Tat und der Migrationspolitik in Frankreich. „Wir müssen die Situation wieder unter Kontrolle bekommen, was der Regierung nicht gelingt“, erklärte Parteichef Jordan Bardella. „Die massive Einwanderung steht in direktem Zusammenhang mit der Verrohung, unter der unser Land leidet“, sagte Vizeparteichef David Rachline.

Innenminister Gérald Darmanin erklärte im Onlinedienst Twitter, der Täter sei „dank der schnellen Reaktion der Sicherheitskräfte verhaftet worden“.

Präsident Emmanuel Macron verurteilte den Angriff als „absolut feige“. Am Nachmittag trafen Premierministerin Elisabeth Borne und Innenminister Gérald Darmanin in Annecy ein. Die Nationalversammlung unterbrach ihre Plenardebatte am Vormittag für eine Schweigeminute. Parlamentspräsidentin Yaël Braun-Pivet sagte: „Wir hoffen, dass die Folgen dieses sehr schweren Angriffes keine Konsequenzen seien werden, die die Nation in Trauer führen.“

Deutschlands Innenministerin Nancy Faeser (SPD) schrieb bei Twitter: „Was für eine unvorstellbar feige und verachtenswerte Tat. Wir sind in Gedanken bei den verletzten Kindern und ihren Familien. Wir hoffen sehr, dass sie wieder gesund werden.“ Bundeskanzler Olaf Scholz schrieb an Macron gerichtet: „Deutschland ist schockiert über diese unmenschliche und verachtenswerte Tat.“ Bundesaußenministerin Annalena Baerbock sagte während ihrer Lateinamerikareise in der kolumbianischen Stadt Cali: „Es gibt nichts feigeres, als wehrlose kleine Kinder anzugreifen.“

Der Spielplatz am Seeufer wurde am späten Nachmittag wieder geöffnet. Manche Menschen legten Blumen im Gedenken an die Opfer ab.