Online-Dienst gekauft

Elon Musk übernimmt Twitter und feuert bisherige Spitzenkräfte

„Der Vogel ist befreit“, schreibt Musk. Spitzenkräfte des Konzerns wurden schon entlassen – offenbar will Musk selbst Chef sein. Kommt jetzt Donald Trump zu Twitter zurück?

Elon Musk hat den Kurznachrichtendienst Twitter gekauft.
Elon Musk hat den Kurznachrichtendienst Twitter gekauft.AFP/Jim Watson

Nach monatelangem Hin und Her hat Hightech-Milliardär Elon Musk die Übernahme des Kurzbotschaftendienstes Twitter abgeschlossen und sofort Führungskräfte des Unternehmens gefeuert. Twitter informierte die US-Wertpapieraufsicht SEC am Freitag über den Rückzug von der Börse und bestätigte damit den Vollzug der Übernahme.

Musk entließ Twitter-Chef Parag Agrawal, Finanzchef Ned Segal und Chefjuristin Vijaya Gadde, wie US-Medien am Donnerstagabend übereinstimmend berichteten. „Der Vogel ist befreit“, erklärte der Tesla-Chef. Das Logo des Online-Netzwerks zeigt einen blauen Vogel.

Elon Musk hat Twitter für rund 44 Milliarden Dollar (44,2 Mrd. Euro) gekauft. Bereits im April hatte er erklärt, den Onlinedienst für diesen Preis übernehmen zu wollen. Im Juli machte der 51-Jährige aber einen Rückzieher. Als Grund gab der Unternehmer an, Twitter habe falsche Angaben zur Zahl der Spam- und Fake-Konten bei dem Netzwerk gemacht.

Das Unternehmen wies die Vorwürfe zurück und zog vor Gericht, um den Multimilliardär zum Vollzug der Übernahme zu zwingen. Anfang Oktober kündigte Musk dann an, Twitter doch wie ursprünglich geplant kaufen zu wollen. Die zuständige Richterin verschob daraufhin den für Mitte Oktober geplanten Prozess und forderte die Streitparteien auf, sich bis diesen Freitag zu einigen.

Musk will wohl selbst Twitter-Chef werden

Musk will laut einem Medienbericht zunächst selbst den Chefposten übernehmen. Auf lange Sicht könne er den Spitzenjob aber an jemand anderen abgeben, schrieb der Finanzdienst Bloomberg am Freitag.

Musk hatte Agrawal und die Twitter-Führung in den vergangenen Monaten immer wieder kritisiert. Mindestens einer der Manager sei aus der Firmenzentrale herausbegleitet worden, schrieb die New York Times unter Berufung auf informierte Personen. Dem Finanzdienst Bloomberg zufolge war es der Chefjurist Sean Edgett. Eine offizielle Mitteilung zum Abschluss der rund 44 Milliarden Dollar schweren Übernahme stand unterdessen immer noch aus.

„Chief Twit“

Dass Musk sich doch noch mit seiner neuen Rolle als Twitter-Besitzer abgefunden hat, zeichnet sich schon seit Tagen ab. Bereits am Mittwoch tauchte er in der Konzernzentrale in San Francisco auf und bezeichnete sich in seinem Twitter-Profil nun als „Chief Twit“. Am Freitag will er sich laut US-Medien in größerem Stil den Beschäftigten dort vorstellen.

Das dürfte kein leichter Auftritt für ihn werden, nachdem zuletzt Berichte über einen großen Stellenabbau für Verunsicherung bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sorgten. Informationen, wonach er drei Viertel der Beschäftigten rauswerfen wolle, soll er diese Woche in der Zentrale zurückgewiesen haben.

Musk versuchte schon am Donnerstag, Werbekunden und Nutzer zu beruhigen, die unter ihm eine Verrohung des Tons beim Online-Dienst befürchten. Twitter dürfe kein „Ort des Grauens“ werden, wo ohne Konsequenzen alles gesagt werden könne, schrieb Musk in einem offenen Brief an Anzeigenkunden. Er weckte solche Sorgen selbst mit Kritik, bei Twitter werde die Meinungsfreiheit zu stark eingeschränkt. Die Plattform müsse „warm und einladend für alle“ sein, schrieb Musk nun.

Musk will lebenslange Twitter-Sperren abschaffen

Er habe Twitter nicht gekauft, weil es einfach sein würde oder um mehr Geld zu machen, schrieb Musk. „Ich tat es, um der Menschheit zu helfen, die ich liebe“, verkündete er. Und er gehe die Aufgabe mit Demut an – und im Bewusstsein, dass er trotz aller Bemühungen scheitern könne. Musk begründete den Kauf stets mit dem Anliegen, die Redefreiheit zu stärken. Auch sagte Musk, er würde den nach lobenden Worten für seine gewalttätigen Anhänger verbannten Ex-Präsidenten Donald Trump wieder zurück auf die Plattform lassen.

Laut dem Bloomberg-Bericht vom Freitag will Musk seine Ankündigung umsetzen, lebenslange Sperren für Nutzer bei Twitter abzuschaffen. Von einer solchen – nach bisherigen Angaben unumkehrbaren Verbannung – ist unter anderem der amerikanische Ex-Präsident Donald Trump betroffen. Ob die Abschaffung der lebenslangen Sperren auch die Position von Trump verändern würde, sei noch unklar, hieß es bei Bloomberg. Trump hatte sich in einem Twitter-Video lobend über seine Anhänger geäußert, die am 6. Januar 2021 das Kapitol in Washington stürmten. Daraufhin war er von der Plattform verbannt worden.

Trump begrüßt Übernahme von Twitter durch Elon Musk

Donald Trump begrüßte die Übernahme von Twitter durch Musk. „Ich bin sehr glücklich, dass Twitter sich jetzt in vernünftigen Händen befindet“, schrieb der Republikaner auf der von ihm mitgegründeten Online-Plattform Truth Social. Twitter werde damit nicht länger von „linksradikalen Verrückten und Irren geführt, die wirklich unser Land hassen“.

Bundesregierung appelliert an „Verantwortung“ bei Twitter

Die Bundesregierung will die Entwicklung bei Twitter nun „sehr genau“ beobachten. „Wir sagen auch, dass eine solche Plattform auch aufgrund der Wirkung, die sie hat, in unsere Öffentlichkeiten hinein, einer besonderen Verantwortung zukommt“, sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit am Freitag in Berlin. Man werde in den nächsten Wochen und Monaten die möglichen Veränderungen beobachten, um dann eigene Schlüsse zu ziehen.

Diese Schlüsse könnten auch sein, sich die Frage zu stellen, ob man auf dieser Plattform weiter präsent bleiben wolle oder nicht, sagte Hebestreit und ergänzte: „Damit möchte ich nicht drohen oder das in Aussicht stellen, sondern sagen, diese Fragen schließen sich natürlich an.“