Iberische Halbinsel

Stromausfall löst Chaos in Spanien und Portugal aus: „Seltenes atmosphärisches Phänomen“

Millionen Menschen auf der iberischen Halbinsel waren am Montag ohne Strom. Es kam zu erheblichen Beeinträchtigungen, die Ermittlungen zur Ursache laufen. Das ist bisher bekannt.

Barcelona: Menschen warten aufgrund des Stromausfalls vor einem geschlossenen Bahnhof.
Barcelona: Menschen warten aufgrund des Stromausfalls vor einem geschlossenen Bahnhof.Emilio Morenatti/AP/dpa

In Spanien und Portugal sowie in Teilen Frankreichs hat es am Montagmittag einen „massiven“ Stromausfall gegeben. „Die ganze iberische Halbinsel“ sei betroffen, teilte der portugiesische Netzbetreiber mit. In Spanien legte der Stromausfall den Bahnverkehr im gesamten Land lahm. Die Kanarischen oder Balearischen Inseln sind nicht von dem Blackout betroffen. In allen drei Ländern wurden Krisensitzungen einberufen.

Am späten Abend teilte der Netzbetreiber Red Eléctrica mit, dass mehr als 35 Prozent des Bedarfs in Spanien wieder hergestellt sei. Dem portugiesischen Betreiber REN zufolge wurden bis dahin rund 750.000 von 6,5 Millionen Anschlüssen wieder an die Versorgung angeschlossen, die Hauptstadt Lissabon war aber weiterhin ohne Strom.

Auch in einigen Teilen sei der Strom schon länger wieder zurück. So waren beispielsweise zahlreiche Haushalte im französischen Teil des Baskenlandes nur wenige Minuten ohne Strom. Anders dagegen in Spanien: Gegen 15 Uhr meldete Red Eléctrica, dass die Wiederherstellung der Stromversorgung sechs bis zehn Stunden dauern könnte. Zwei Stunden später hieß es, die Versorgung in Teilen Nord-, Süd- und Westspaniens sei wieder hergestellt. Später hieß es, der Strom in Katalonien, Aragonien, dem Baskenland, Galicien, Asturien, Navarra, Kastilien und Leon, Extremadura und Andalusien ist wieder da.

Madrid: Eine Frau leuchtet mit der Taschenlampe ihres Handys einen Plan des Madrider U-Bahn-Netzes.
Madrid: Eine Frau leuchtet mit der Taschenlampe ihres Handys einen Plan des Madrider U-Bahn-Netzes.Alejandro Martínez Vélez/dpa

Wurde der Stromausfall durch einen Cyberangriff ausgelöst?

Der Chef des Netzbetreibers Red Eléctrica, Eduardo Prieto, erklärte gegenüber Journalisten, der Stromausfall sei beispiellos. Er bezeichnete den Vorfall „außergewöhnlich und außerordentlich“. Der Präsident der andalusischen Regierung, Juanma Moreno, sagte, dass laut Daten von Cybersicherheitszentren „ein Stromausfall dieses Ausmaßes nur durch einen Cyberangriff verursacht werden könne“, berichtet Euronews. Spaniens nationale Cybersicherheitsbehörde INCIBE untersuche, ob ein Hackerangriff hinter dem Stromausfall stecken könnte. 

Wie EU-Ratspräsident António Costa und Portugals Premierminister Luís Montenegro kurze Zeit später erklärten, gebe es derzeit keinen Hinweis auf einen Cyberangriff. Der portugiesische Netzbetreiber REN teilte mit, dass der Stromausfall in Portugal durch einen Fehler im spanischen Stromnetz verursacht wurde, der mit einem „seltenen atmosphärischen Phänomen“ zusammenhängt. REN fügte hinzu, dass es aufgrund extremer Temperaturschwankungen in Spanien zu „anomalen Schwingungen“ in Höchstspannungsleitungen gekommen sei.

Der portugiesische Stromversorger E-Redes erklärte laut der portugiesischen Zeitung Expresso, der Stromausfall sei auf „ein Problem mit dem europäischen Stromnetz“ zurückzuführen. Das Unternehmen erklärte, es sei gezwungen gewesen, in bestimmten Gebieten den Strom abzuschalten, um das Netz zu stabilisieren. „Es sieht so aus, als ob es sich um ein Problem mit dem Verteilnetz handelte, offenbar in Spanien. Die Ermittlungen laufen noch“, wurde der portugiesische Kabinettsminister Leitão Amaro zitiert.

Für Portugal hieß es am späten Abend von REN, die Umspannwerke in der nordportugiesischen Metropole Porto seien wieder in Betrieb und die Lage werde sich voraussichtlich „in Kürze“ normalisieren. „Im Laufe der Nacht“ werde die Stromversorgung in ganz Portugal wieder hergestellt werden.

Stromausfall: Stadt- und Flugverkehr beeinträchtigt

Zahlreiche Passagiere waren in den Metros der spanischen und portugiesischen Hauptstädte gestrandet, während Züge in den Tunnelabschnitten zwischen den Stationen feststeckten. Teile der Madrider U-Bahn mussten evakuiert werden, und die Ampeln in der Stadt funktionierten nicht. Der Madrider Flughafen Barajas war ebenfalls ohne Strom. Auch weitere Flughäfen in der Region seien zum Stillstand gekommen. Die Telekommunikation (Internet, Telefon) in Spanien und Portugal war stundenlang unterbrochen. 

Das Tennisturnier Madrid Open musste unterbrochen werden. In der spanischen Hauptstadt standen Hunderte Menschen vor Bürogebäuden auf der Straße. In der Nähe einiger wichtiger Gebäude war eine starke Polizeipräsenz zu beobachten. Eines der vier Hochhäuser in Madrid, in dem sich die britische Botschaft befindet, musste nach Informationen von Reuters evakuiert worden.

Passagiere warten vor dem Flughafen in Lissabon.
Passagiere warten vor dem Flughafen in Lissabon.AP

Einwohner Madrids sollen möglichst Zuhause bleiben

Der Bürgermeister von Madrid bat die Einwohner, möglichst zu Hause zu bleiben. „Ich bitte alle Einwohner Madrids, ihre Bewegungen auf ein absolutes Minimum zu beschränken und, wenn möglich, an Ort und Stelle zu bleiben. Wir wollen alle Straßen freihalten“, sagte José Luis Martínez-Almeida in einem Video in den sozialen Medien. Vom integrierten Notfallsicherheitszentrum Madrids aus erklärt er, dass neben den abgeschalteten Ampeln auch Tunnel bestimmter Autobahnen gesperrt werden mussten. Aufgrund der Überlastung sollen nur die dringendsten Notrufe abgesetzt werden, so Martínez-Almeida. „Wenn Notrufe unbeantwortet bleiben, wenden Sie sich persönlich an die Polizei und die Feuerwehr. Dort wird versucht, alle auftretenden Notfälle zu bewältigen.“

Im Nachbarland Portugal erstreckte sich ein Blackout über mehrere Gebiete - von Norden bis in den Süden des Landes. Nach Angaben der Nachrichtenagentur Reuters erklärte die portugiesische Polizei, dass die Verkehrsampeln im ganzen Land auffielen, die U-Bahn in Lissabon und Porto stillgelegt waren und keine Züge fuhren. Auch Schulen und Banken waren betroffen. An Geldautomaten in Lissabon bildeten sich lange Schlangen. (mit AFP)