Gesundheitssystem

Kassenärzte wollen Pflicht zur Krankschreibung erst ab Tag vier

Der Kassenärztechef will die Zeit, bevor eine Krankschreibung notwendig wird, verlängern. Das Gesundheitswesen könnte von Kosten von etwa 100 Millionen Euro entlastet werden.

Die Kassenärzte sprechen sich erneut für eine Lockerung der Regeln zur Krankschreibung aus.
Die Kassenärzte sprechen sich erneut für eine Lockerung der Regeln zur Krankschreibung aus.Sebastian Kahnert/dpa

Der Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Andreas Gassen, hat sich erneut für eine Lockerung der Regeln zu Krankschreibungen ausgesprochen. Arbeitnehmer sollten generell erst ab dem vierten Tag zum Arzt müssen, um sich eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zu holen, sagte Gassen dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. „Es geht uns um eine vom mündigen Arbeitnehmer beziehungsweise Arbeitnehmerin selbst verantwortete Karenzzeit“, so Gassen.

„Die gesetzliche Möglichkeit für Arbeitgeber, bereits in den ersten drei Tagen die Vorlage einer Krankschreibung zu verlangen, produziert Abertausende Arztbesuche, die aus unserer Sicht nicht zwingend notwendig wären“, sagte Gassen weiter.

Kassenärzte-Chef Gassen: Auch bei Kindern nachsteuern

Laut Gassen werden pro Jahr etwa 116 Millionen Krankschreibungen ausgestellt. Etwa 35 Prozent davon hätten eine Gesamtdauer von maximal drei Tagen. Entfielen diese, würde das Gesundheitswesen den Angaben zufolge um 1,4 Millionen Arbeitsstunden beziehungsweise Kosten von 100 Millionen Euro entlastet.

Es ist nicht das erste Mal, dass Gassen diesen Vorschlag unterbreitet. Dass er umgesetzt wird, gilt aber als unwahrscheinlich. Deutschland hat in Europa eine relativ hohe Krankschreibungsquote, und die Arbeitgeber dürften Lockerungen kaum mitmachen. Die Entwicklung geht auch eher in eine andere Richtung: Union und SPD haben im Koalitionsvertrag etwa vereinbart, Online-Krankschreibungen über Plattformen abzuschaffen.

Gassen forderte auch, bei Kindern nachzusteuern. Bei ihnen ist eine Krankschreibung bereits ab dem ersten Krankheitstag erforderlich. „Durch den Verzicht auf diese Bescheinigung bei kurzer Krankheitsdauer könnten, insbesondere in Zeiten mit hohem Infektionsgeschehen, sowohl die kinderärztlichen Praxen als auch die Eltern der erkrankten Kinder deutlich entlastet werden“, sagte Gassen.