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„Massiver Eingriff“: Jeff Bezos legt Regeln für Meinungsseiten der Washington Post fest

Als Bezos die Washington Post kaufte, gab es Warnungen vor Interessenkonflikten. Bezos gab ein Bekenntnis zur redaktionellen Unabhängigkeit der Zeitung ab. Nun mischt er sich erneut ein.

Amazon-Gründer Jeff Bezos kündigt Änderungen für die Redaktion der Washington Post an.
Amazon-Gründer Jeff Bezos kündigt Änderungen für die Redaktion der Washington Post an.Paul Ellis/AFP/dpa

US-Milliardär und Zeitungsbesitzer Jeff Bezos hat Regeln für die Meinungsseiten der Washington Post festgelegt. „Wir werden beim Schreiben jeden Tag zwei Grundpfeiler unterstützen und verteidigen: persönliche Freiheiten und freie Märkte“, erklärte Bezos am Mittwoch im Onlinedienst X. Natürlich werde die Zeitung auch andere Themen behandeln, „aber Standpunkte, die diesen Grundpfeilern entgegenstehen, werden wir der Veröffentlichung durch andere überlassen“, fügte der Amazon-Gründer hinzu.

„Ich bin überzeugt, dass freie Märkte und persönliche Freiheiten das Richtige für Amerika sind. Ich glaube auch, dass diese Gesichtspunkte auf dem derzeitigen Markt der Ideen und Nachrichtenmeinungen nicht ausreichend berücksichtigt werden“, hieß es weiter in Bezos aktueller Nachricht an seine Mitarbeiter. „Ich freue mich darauf, dass wir gemeinsam diese Lücke füllen können.“ Auch die Zeitung selbst berichtete über die Entwicklungen und schrieb, dass Bezos das Meinungsseitenressort in eine „libertäre Richtung“ lenke.

David Shipley stimmt den Regeln von Jeff Bezos nicht zu

Der Chef der Meinungsseite, David Shipley, habe ihm bereits wissen lassen, dass er die Zeitung verlassen wird – weil er den neuen Regeln für die Meinungsseiten nicht zugestimmt hat.

Bezos hatte die Washington Post 2013 gekauft. Vor der US-Präsidentschaftswahl im November entschied er, in dem Blatt keine Wahlempfehlung für das Duell zwischen dem Republikaner Donald Trump und seiner Rivalin Kamala Harris von der Demokratischen Partei zu veröffentlichen. Zuvor hatte die Washington Post zumeist Wahlempfehlungen ausgesprochen – und wenn, dann immer für die Kandidaten der Demokraten.

400 Washington-Post-Mitarbeiter schreiben Brief an Amazon-Gründer

Im Januar verließ die bekannte Karikaturistin Ann Telnaes die Washington Post, nachdem die Zeitung eine ihrer Karikaturen abgelehnt hatte. Die Zeichnung der Pulitzer-Preisträgerin zeigt Amazon-Gründer Bezos, Facebook-Gründer Mark Zuckerberg und andere Tech-Unternehmer, die mit Geldsäcken in der Hand vor einer Statue von US-Präsident Donald Trump knien. Ressortleiter Shipley hatte damals erklärt, die Washington Post habe sich nur gegen die Karikatur entscheiden, um Dopplungen zu vermeiden.

Auch andere Journalistinnen und Journalisten verließen die Zeitung. Im Januar forderten mehr als 400 Washington-Post-Mitarbeiter in einem Brief ein gemeinsames Treffen mit Bezos, um über die Führung der Zeitung zu sprechen. Bezos war einer der Gäste bei Trumps Amtseinführung.

Trumps Nähe zu den Superreichen

Neben Ressortleiter Shipley äußerten sich auch andere Mitarbeiter der Zeitung kritisch. Der Chefkorrespondent der Wirtschaftsredaktion, Jeff Stein, schrieb auf X, Bezos sorge mit seinem „massiven Eingriff“ dafür, dass „abweichende Meinungen“ auf den Meinungsseiten „weder veröffentlicht noch geduldet werden“. Sollte sich Bezos auch in die nachrichtliche Berichterstattung einmischen, werde er „sofort kündigen“.

Seit der US-Wahl bemühen sich Bezos und andere Tech-Unternehmer um eine größere Nähe zu Präsident Trump. Nach dem Wahlsieg des Rechtspopulisten reisten Bezos, Zuckerberg und andere Konzernchefs aus der Tech- und Medienbranche nach Florida, um sich mit Trump in dessen Residenz in Mar-a-Lago zu treffen. Zuckerberg kündigte an, bei Facebook den Faktencheck in den USA einzustellen. Bei Trumps Vereidigung waren Bezos, Zuckerberg und andere Milliardäre wie der Trump-Vertraute Elon Musk als Ehrengäste dabei.