Geiseldeal auf der Kippe

Gazakrieg: Hunderte Ex-Diplomaten rufen EU zum Handeln auf

In Israel berät das Kabinett über einen möglichen Geiseldeal, während Angehörige der Entführten protestieren. Gleichzeitig fordern mehr als 200 Ex-Diplomaten die EU auf, im Gazakrieg zu handeln.

Eine Straßenblockade in Ramle: Demonstranten fordern die sofortige Freilassung aller von der Terrororganisation Hamas festgehaltenen Geiseln und das Ende des Krieges im Gazastreifen.
Eine Straßenblockade in Ramle: Demonstranten fordern die sofortige Freilassung aller von der Terrororganisation Hamas festgehaltenen Geiseln und das Ende des Krieges im Gazastreifen.Ilia Yefimovich/dpa

In Israel hat am Dienstag das Sicherheitskabinett von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu über einen möglichen neuen Geiseldeal beraten. Laut israelischen Medien stand das Thema allerdings nicht offiziell auf der Tagesordnung und wäre nur dann zur Diskussion gekommen, wenn Minister entsprechende Anträge eingebracht hätten. Eine teilweise Vereinbarung mit der islamistischen Hamas gilt nach übereinstimmenden Berichten inzwischen als vom Tisch – Netanjahu besteht demnach auf einer umfassenden Lösung, die die Freilassung aller Geiseln beinhaltet.

Parallel zu den Beratungen kam es im Land zu zahlreichen Demonstrationen. Angehörige der Entführten und Unterstützer blockierten zentrale Straßen zwischen Tel Aviv und Jerusalem und forderten die Regierung auf, unverzüglich eine Einigung zu erreichen. Der öffentliche Druck auf die israelische Führung wächst damit weiter.

Israelische Demonstranten haben am Dienstag den Verkehr auf einigen Hauptstraßen lahmgelegt.
Israelische Demonstranten haben am Dienstag den Verkehr auf einigen Hauptstraßen lahmgelegt.imago

Brief: 209 Diplomaten fordern EU zum Handeln auf

Gleichzeitig mehren sich internationale Appelle. In einem offenen Brief haben am Dienstag 209 ehemalige Botschafter und hochrangige Diplomaten der EU-Staaten ein „sofortiges Handeln“ der Europäischen Union im Gazakrieg gefordert. Falls sich die 27 Mitgliedstaaten nicht kollektiv einigen, müssten einzelne Länder oder kleinere Gruppen von Staaten Maßnahmen ergreifen, heißt es in dem Schreiben.

Zu den vorgeschlagenen Schritten zählen ein Stopp von Rüstungsexporten nach Israel, Handelsbeschränkungen für Produkte aus illegalen Siedlungen sowie der Ausschluss israelischer Regierungs- und Firmendaten aus europäischen Rechenzentren, sofern diese im Zusammenhang mit der Besatzung stehen. Unter den Unterzeichnenden sind 110 frühere Botschafter sowie die ehemaligen EU-Spitzendiplomaten Alain Le Roy und Carlo Trojan.

Tel Aviv: Demonstranten blockieren eine Autobahn und verbrennen eine Installation eines Schabbat-Tisches. Sie fordern die sofortige Freilassung der Hamas-Geiseln und fordern die israelische Regierung auf, ihre Entscheidung, die Stadt Gaza und andere Gebiete im Gazastreifen zu übernehmen, rückgängig zu machen.
Tel Aviv: Demonstranten blockieren eine Autobahn und verbrennen eine Installation eines Schabbat-Tisches. Sie fordern die sofortige Freilassung der Hamas-Geiseln und fordern die israelische Regierung auf, ihre Entscheidung, die Stadt Gaza und andere Gebiete im Gazastreifen zu übernehmen, rückgängig zu machen.Ohad Zwigenberg/AP/dpa

„Wir können nicht tatenlos bleiben, wenn die EU blockiert ist – das würde unsere eigenen Werte verraten“, sagte Sven Kühn von Burgsdorff gegenüber dem Guardian. Laut dem ehemaligen EU-Vertreter in den Palästinensergebieten, der die Initiative mitkoordinierte, zeige auch die Stimmung in Europa eine wachsende Distanz: In Deutschland etwa lehnten laut jüngsten Umfragen rund 80 Prozent der Bevölkerung Israels Vorgehen im Gazastreifen ab, zwei Drittel forderten von der Regierung aktiveres Handeln.

Die jüngste Initiative ist bereits der dritte offene Appell ehemaliger Diplomaten seit Beginn des Gazakriegs – erstmals fordern die Unterzeichner nun aber auch konkrete Maßnahmen einzelner Mitgliedstaaten, sollte die EU nicht geschlossen handeln.