Das Welterbekomitee der Unesco hat bei seiner Tagung im indischen Neu-Delhi am Freitag die kirchliche Siedlung der sogenannten Herrnhuter Brüdergemeine in Sachsen zum Welterbe erklärt. Gleichzeitig wurden zwei weitere Siedlungen in den USA und in Nordirland in die Liste aufgenommen, wie die UN-Kulturorganisation in Bonn mitteilte.
Der Beschluss war nach Angaben von Sachsens Staatskanzleichef Conrad Clemens einstimmig. „Heute ist ein besonderer Tag für Herrnhut und die Oberlausitz, auf den viele Menschen hingearbeitet haben“, sagte der CDU-Politiker, der die Sitzung des Unesco-Welterbekomitees vor Ort verfolgte. Der gemeinsame Antrag mit den USA und Nordirland zeige das weltweite, vielfältige Netzwerk der Herrnhuter.

Die sächsische Stadt Herrnhut ist Gründungsort der Gemeine, ein altes Wort für Gemeinde. Ein Vorläufer entstand bereits im 15. Jahrhundert, im 18. Jahrhundert wurden die Rahmenbedingungen der Siedlung ausgearbeitet. Die evangelische Gemeinde hat heute weltweit rund eine Million Mitglieder, einen Großteil davon im ostafrikanischen Tansania.
Weihnachtssterne aus Herrnhut auf jedem Weihnachtsmarkt
Weltweit gibt es mittlerweile zahlreiche Siedlungen. Jene in Herrnhut in der Oberlausitz gilt als Prototyp. 2015 wurde eine Siedlung der Reformationsbewegung in Dänemark in die Welterbeliste aufgenommen. Nun wurde das Welterbe um weitere Siedlungen zu einer sogenannten transnationalen Welterbestätte erweitert.
In Herrnhut entstanden auch die bekannten Weihnachtssterne, die den Stern von Bethlehem darstellen sollen. Sie wurden vor über 160 Jahren entwickelt. Bis heute sind die gezackten und meist beleuchteten Sterne ein beliebtes Dekorationselement in der Weihnachtszeit.

Siedlungen der Brüdergemeine: schlichte, klare Architektur
Die Siedlungen der Brüdergemeine zeichnen eine schlichte, klare Architektur aus, mit Fokus auf gemeinsamem Leben, Arbeiten und Glauben, sagte Clemens, der als Sohn eines Pfarrers der evangelischen Freikirche seit Geburt der Herrnhuter Brüdergemeine angehört. „Es ist eine Idee des Zusammenlebens, die auf Weltoffenheit, Gleichberechtigung und fast familiärem Zusammenhalt fußt“, sagte er im Gespräch der Deutschen Presse-Agentur. Der Titel sei „gerade in einer Zeit, wo wir viel Spaltung und Polarisierung erleben, ein schönes Zeichen für Sachsen“.
Sie freue sich über die Entscheidung des Welterbekomitees, erklärte die Präsidentin der Deutschen Unesco-Kommission, Maria Böhmer. „Die Siedlungen der Herrnhuter Brüdergemeine stehen für den kulturellen und geistigen Austausch über Ländergrenzen und Kontinente hinweg – sie sind in Vielfalt vereint und damit ein Sinnbild für die Welterbeidee.“
„Wir haben ab heute in Sachsen drei Weltkulturerbestätten – und alle drei sind grenzüberschreitend“, erklärte Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU). Das Gefühl, Teil des kulturellen Erbes der Menschheit zu sein, sei unbeschreiblich. „Ich bin stolz darauf, dass Herrnhut den Welterbetitel geholt hat und gratuliere von Herzen“, fügte er hinzu.
Das Unesco-Welterbekomitee tagt noch bis Mittwoch. Am Samstag wird eine Entscheidung über eine weitere mögliche Welterbestätte in Deutschland erwartet. Dabei geht es um das Residenzensemble in Schwerin, das aus knapp 40 verschiedenen Gebäuden besteht. Als Zentrum gilt das Schweriner Schloss, in dem heute der Landtag von Mecklenburg-Vorpommern seinen Sitz hat.
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