Krieg in Nahost

Gaza-Krieg: UN-Bericht zu Massenvergewaltigungen löst weitere Spannungen mit Israel aus

Laut UN gab es beim Hamas-Angriff am 7. Oktober aller Wahrscheinlichkeit nach Vergewaltigungen. Israel reagiert enttäuscht und ruft seinen Botschafter für Konsultationen zurück. 

Israels UN-Botschafter Gilad Erdan spricht bei der Generalversammlung der Vereinten Nationen über die Situation im Nahostkonflikt. 
Israels UN-Botschafter Gilad Erdan spricht bei der Generalversammlung der Vereinten Nationen über die Situation im Nahostkonflikt. : Evan Schneider/dpa

Israel hat seinen Botschafter bei der UNO zurückgerufen. Gilad Erdan wurde angewiesen, „für sofortige Konsultationen“ nach Israel zurückzukehren, erklärte Außenminister Israel Katz am Montagabend im Onlinedienst X. Grund sei der Versuch, „Informationen über die von der Hamas und ihren Verbündeten am 7. Oktober verübten Massen-Vergewaltigungen totzuschweigen“. 

Dabei sieht ein Bericht der Vereinten Nationen sexualisierte Gewalt bei dem Terroranschlag der Hamas am 7. Oktober in Israel als wahrscheinlich an, wie am Montagabend bekanntwurde. Es gebe „berechtigten Grund zur Annahme“, dass es zu Vergewaltigungen und Gruppenvergewaltigungen an mindestens drei Orten gekommen sei, hieß es in dem Papier, das von der zuständigen UN-Vertreterin Pramila Patten nach einem Besuch in Israel angefertigt wurde. Auch von der Hamas in den Gazastreifen entführte Geiseln seien mit großer Wahrscheinlichkeit vergewaltigt worden. Für Israel kam der Bericht zu spät und sei zudem nicht ausführlich genug.

Unter den genannten Tatorten sei das Gelände eines Musikfestivals, das von den Terroristen überfallen wurde. „Bei den meisten dieser Vorfälle wurden Opfer einer Vergewaltigung anschließend getötet, und mindestens zwei Vorfälle standen im Zusammenhang mit der Vergewaltigung von Frauenleichen“, hieß es weiter. Außerdem gebe es „klare und überzeugende Informationen darüber, dass sexuelle Gewalt, einschließlich Vergewaltigung, sexualisierte Folter, grausame, unmenschliche und erniedrigende Behandlung, gegen Geiseln verübt wurde“. Diese könnte in der Gefangenschaft im Gazastreifen momentan weiter andauern.

Israels UN-Botschafter spricht über sexuelle Gräueltaten der Hamas

Patten hatte sich im Februar mehrere Tage in Israel aufgehalten. Dort sprach sie mit Überlebenden, Zeugen und Sicherheitskräften. Zudem traf die UN-Beauftragte aus der Hamas-Geiselhaft freigelassene Israelis. Zuvor waren die Vereinten Nationen beschuldigt worden, zu langsam auf die von Israel gegen die Hamas erhobenen Vorwürfe von Vergewaltigungen und sexueller Gewalt während des brutalen Großangriffs am 7. Oktober reagiert zu haben.

Der israelische UN-Botschafter Erdan hatte von der Bühne der UNO Beweise für die von der Hamas begangenen sexuellen Gräueltaten auf einem Bildschirm gezeigt. „Nach den Beweisen, die ich Ihnen heute hier zeige, können Sie in Zukunft nicht mehr sagen, Sie hätten es nicht gewusst. Diejenigen, die schweigen, sind Kollaborateure der Hamas“, so Erdan.

Die Veröffentlichung des Berichtes löste einen erneuten Streit zwischen den Vereinten Nationen und Israel aus. Uno-Generalsekretär António Guterres ließ israelische Vorwürfe zurückweisen, dass er den Bericht habe unterdrücken wollen. „Die Arbeit wurde gründlich und zügig erledigt. Der Generalsekretär hat in keinster Art und Weise versucht, den Bericht ‚still‘ zu halten“, sagte sein Sprecher Stéphane Dujarric.

Die Beziehungen zwischen Israel und der UNO hatten sich nach Beginn des Gaza-Kriegs verschlechtert. Ende Oktober hatte Botschafter Erdan UN-Generalsekretär Guterres zum Rücktritt aufgefordert. Auslöser war eine Rede von Guterres, in der dieser den Hamas-Angriff auf Israel zwar scharf verurteilt, aber gleichzeitig gesagt hatte, die Angriffe der radikalislamischen Palästinenserorganisation seien „nicht im luftleeren Raum erfolgt“.

Israel wirft UNRWA Beschäftigung von 450 „Terroristen“ vor

Israel wirft dem UN-Palästinenserhilfswerk UNRWA vor, hunderte Mitglieder der islamistischen Hamas und weiterer radikaler Organisationen zu beschäftigen. Das UNRWA beschäftige „mehr als 450 Terroristen“, erklärte die israelische Armee am Montag.

Dazu verbreitete die Armee eine Aufnahme, auf der ihr zufolge ein „Terrorist“ zu hören ist, der als Arabischlehrer an einer vom UNRWA betriebenen Schule arbeitet. Darin beschreibt der Mann demnach, wie er bei dem Hamas-Angriff auf Israel am 7. Oktober nach Israel eingedrungen sei. Zudem sagt er demnach in der Aufnahme, er halte israelische Frauen als Geiseln. So soll etwa der Lehrer einer UNRWA-Schule gesagt haben, er habe eine „Sklavin“ gefangen genommen, sagte Armeesprecher Daniel Hagari am Montagabend auf einer Pressekonferenz. Die Authentizität der Aufnahmen konnte zunächst nicht unabhängig überprüft werden. Eine Reaktion von UNWRA zu den Vorwürfen stand zunächst aus.

Bereits Ende Januar waren gegen das UNRWA schwere Vorwürfe bekannt geworden. Damals hieß es, zwölf Mitarbeiter stünden im Verdacht, in den beispiellosen Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober verstrickt gewesen zu sein.

Das UNRWA warf derweil am Motag Israel vor, Angestellte des Hilfswerks „gefoltert zu haben. ‚Einige‘ UNRWA-Mitarbeiter hätten ihren Teams berichtet, dass sie bei der Befragung zur Beziehung zwischen dem Hilfswerk und der Hamas „unter Folter und Misshandlung zu Geständnissen gezwungen“ worden seien, erklärte das UN-Palästinenserhilfswerk.

Die Hamas hatte bei ihrem beispiellosen Angriff etwa 1160 Menschen teils unter grausamsten Umständen getötet sowie rund 250 weitere als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt. Israel geht seither massiv militärisch im Gazastreifen vor. Dabei wurden nach Hamas-Angaben, die sich nicht unabhängig überprüfen lassen, bislang mehr als 30.500 Menschen getötet.

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