Forschung

Nahtoderfahrung: Diese drastische Wirkung hat Ayahuasca auf das Gehirn

Der Konsum von Ayahuasca verändert das Bewusstsein dramatisch. Noch nie sind Wissenschaftler der Frage so nahe gekommen, was dabei im Gehirn geschieht.

Illustration eines Gedankenstrudels. Bei Ayahuasca-Konsum verändert sich die Wahrnehmung tiefgreifend.
Illustration eines Gedankenstrudels. Bei Ayahuasca-Konsum verändert sich die Wahrnehmung tiefgreifend.YAY images/imago

Das psychedelische Gebräu Ayahuasca verursacht einer neuen Studie zufolge tiefgreifende Veränderungen im Gehirn. Forschern des Imperial College London ist es erstmals mit Hirnscans gelungen, die drastische Wirkung der Droge zu offenbaren. Das geht aus ihrer aktuellen Studie hervor, die in der Fachzeitschrift PNAS veröffentlicht wurde.

Wer die Substanz, die auch als DMT (Dimethyltryptamin) bekannt ist, zu sich nimmt, berichtet meist von heftigen Halluzinationen bis hin zu Nahtoderfahrungen oder Kontakt mit höherdimensionalen Wesen. Viele Ayahuasca-Praktizierende beschreiben zudem lebensverändernde Reisen durch alternative Realitäten. Was dabei im Gehirn geschieht, zeigt nun das Forscherteam aus Großbritannien.

Für Studie: 20 Freiwillige nahmen im Labor Ayahuasca

Für ihre Studie rekrutierten die Wissenschaftler 20 gesunde Freiwillige, die bei getrennten Laborbesuchen eine DMT-Injektion von 20 mg und ein Placebo erhielten. Alle wurden nach Angaben der Forscher zuvor gründlich untersucht, um sicherzustellen, dass sie körperlich und geistig für die Studie geeignet waren. Während des Versuchs überwachten die Forschenden die Hirnaktivität der Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit einem EEG.

Die Aufzeichnungen zeigten eine drastische Auswirkung von Ayahuasca im gesamten Gehirn. Insbesondere stellten die Wissenschaftler Veränderungen in Bereichen fest, die beim Menschen hoch entwickelt sind und für Planung, Sprache, Gedächtnis, komplexe Entscheidungsfindung und Vorstellungskraft eine wichtige Rolle spielen. Die Regionen, aus denen Menschen die Realität generieren, werden beim DMT-Konsum „hypervernetzt“, wie die Forscher feststellten.

Studienleiter: DMT könnte gegen Depressionen eingesetzt werden

„Was wir gesehen haben, ist, dass DMT die grundlegenden Netzwerke des Gehirns aufbricht, sodass sie sich nicht mehr so deutlich voneinander unterscheiden. Wir sehen auch, dass die Hauptrhythmen des Gehirns – die eine weitgehend hemmende, einschränkende Funktion haben – zusammenbrechen, und im Zusammenspiel wird die Gehirnaktivität entropischer oder informationsreicher“, sagt Studienleiter Chris Timmermann gegenüber dem britischen Guardian.

Dadurch werde Kommunikation im Hirn „chaotischer, flüssiger und beweglicher“ und die Vorstellungskraft massiv angekurbelt, die sich beim Menschen erst vor kurzem entwickelt hat. Ähnliches geschehe beim Träumen.

Studienleiter Timmermann zeigt sich zuversichtlich, dass die neuen Erkenntnisse künftig bei der Behandlung von Depressionen helfen könnten. „DMT wirkt nur kurz, ist also ein sehr flexibles Mittel im Vergleich zu Psilocybin (dem Wirkstoff in Magic Mushrooms) und LSD, die sechs bis zehn Stunden wirken können“, so Timmermann. 

Blätter des Psychotria-viridis-Strauches bei der Vorbereitung auf eine Ayahuasca-Zeremonie in Brasilien.
Blätter des Psychotria-viridis-Strauches bei der Vorbereitung auf eine Ayahuasca-Zeremonie in Brasilien.Giulio Paletta/imago

Das Ayahuasca-Gebräu wird in der Regel durch Kochen von Banisteriopsis caapi, einer Rebe, mit Blättern des Psychotria-viridis-Strauches hergestellt. Der Name stammt aus der Quechua-Sprache, die von vielen indigenen Gruppen in den Anden gesprochen wird. „Aya“ steht dabei für Seele, Ahnen oder Tote und „wasca“ wird mit Rebe oder Seil übersetzt.