Die Europäische Zentralbank (EZB) hat ihre Leitzinsen vor dem Hintergrund der durch US-Präsident Donald Trump ausgelösten Unsicherheit an den Börsen und in der Wirtschaft erneut gesenkt. Auswirkungen dürfte das auch auf Verbraucher haben, die ihr Geld zum Sparen auf einem Tagesgeldkonto angelegt haben oder einen Kredit aufnehmen:
Was hat die EZB entschieden?
Das wichtigste Anliegen der europäischen Notenbank ist die Preisstabilität. Alle sechs Wochen berät sie darüber, was zu tun ist, um die Inflation auf dem Niveau von zwei Prozent zu halten oder dahin zurückzubringen. Hauptinstrument sind die Leitzinssätze. Davon setzt die EZB drei fest: den für Sparer wichtigen Einlagenzins, den Hauptrefinanzierungssatz, zu dem Geschäftsbanken sich Geld bei der EZB leihen können, und den Spitzenrefinanzierungssatz zur kurzfristigen Beschaffung von Geld. Der für Banken und Sparer wichtige Einlagensatz wird um 0,25 Prozentpunkte auf 2,25 Prozent verringert, wie die Notenbank in Frankfurt mitteilte.
Sparer bekommen weniger Zinsen
Der Abwärtstrend bei den Tagesgeldzinsen setzt sich fort. Das Vergleichsportal Verivox spricht gar von einem „Sturzflug“. Es gibt zwar nach wie vor gute Angebote, allerdings weniger als zuvor: Einige Kreditinstitute boten zuletzt noch Zinsen bis zu 3,5 Prozent, häufig handelt es sich dabei jedoch um Neukundenangebote mit begrenzter Laufzeit. Andere Banken und Broker geben den Einlagenzins der EZB direkt an ihre Kundinnen und Kunden weiter. Nach der Entscheidung der Notenbank, ist auch dort mit einer Anpassung zu rechnen.
Viele Banken haben Leitzinssenkungen in diesem Jahr bereits vorher in ihre Berechnungen eingepreist, weshalb sich die Konditionen vielerorts bereits verschlechtert haben. Der Mittelwert der Finanzberatung FMH von 138 Kreditinstituten lag am Mittwoch bei 1,47 Prozent. Verivox weist ebenfalls Zinsen um 1,4 Prozent aus.
Bei den Sparkassen und regionalen Genossenschaftsbanken lag der Zins häufig noch deutlich darunter. Sparkassen zahlen laut Verivox im Schnitt nur noch 0,48 Prozent auf das Tagesgeld, regionale Genossenschaftsbanken mit 0,5 Prozent nur geringfügig mehr.
Beim Festgeld lag der FMH-Mittelwert für 134 Institute am Mittwoch bei 1,92 Prozent für eine sechsmonatige Laufzeit. Bei zwölf Monaten noch etwas darüber. Für zweijährige Festgelder gab es laut Verivox noch 2,11 Prozent. Das sei der tiefste Stand seit Ende 2022.
Was bedeutet das für die Bauzinsen und Kredite?
Bei den Bauzinsen ging es in den vergangenen Wochen auf und ab: Der Kurswechsel des Bundes in der Schuldenpolitik inklusive Sondervermögen für die Infrastruktur und mehr Geld für die Rüstung trieb die Rendite für zehnjährige Bundesanleihen zunächst in die Höhe. Das ließ auch die Bauzinsen steigen, die sich als längerfristige Anlage an den Anleihen orientieren.
Nach Trumps Zollankündigungen sahen sich die Börsen dann mit deutlichen Verlusten konfrontiert, Aktionärinnen und Aktionäre suchten sichere Anlagen und kauften vermehrt Bundesanleihen. Der Kurs der Papiere stieg und die Renditen sanken, erklärte der Darlehensvermittler Dr. Klein. Das wiederum hatte niedrigere Bauzinsen zur Folge.
„Es sind bewegte Zeiten, in denen die Bauzinsen eine Volatilität aufweisen, die wir lange nicht gesehen haben“, erklärte Florian Pfaffinger von Dr. Klein. Ein Blick auf die langfristige Entwicklung zeige jedoch, dass sich der Bauzins im ersten Halbjahr 2025 weiterhin im Korridor zwischen 3,0 und 3,5 Prozent bewege. Der repräsentative Zins bei Dr. Klein lag am Montag bei 3,22 Prozent bei einer zehnjährigen Baufinanzierung.
Die Bauzinsen werden neben dem Leitzins von mehreren Faktoren beeinflusst. Dazu zählen laut Dr. Klein die Rendite der Bundesanleihen, die Konjunktur und die Nachfrage nach Immobilien. FMH wies den Mittelwert von 51 Bankinstituten mit zuletzt 3,65 Prozent bei einer Baufinanzierung mit zehnjähriger Zinsbindung aus.
Sorgen um Trumps Zölle
Seit der Verkündung von Trumps globalem Zollpaket Anfang April sind die Sorgen um den Welthandel und die Wirtschaft in Europa stark gewachsen. Der Zollstreit könnte die Wirtschaft im Euroraum erheblich belasten, die nach EZB-Prognose 2025 ohnehin nur minimal um 0,9 Prozent wachsen dürfte.
Zwar hat Trump die pauschalen Zölle von 20 Prozent auf Importe aus der EU für 90 Tage ausgesetzt. Es bleiben aber der neue US-Basiszoll von 10 Prozent und 25 Prozent Zoll auf Autos, Stahl und Aluminium aus Europa. Trump will zudem neue Sonderzölle im Bereich der Halbleiterindustrie und auf Medizinprodukte ankündigen.
Schon jetzt verunsichert Trumps Zoll-Schlingerkurs Unternehmen weltweit. Nach Ansicht von Ifo-Präsident Clemens Fuest ist eine Weltwirtschaftskrise nicht auszuschließen. EZB-Präsidentin Christine Lagarde hatte jüngst vor deutlichen Einbußen beim Wirtschaftswachstum in der Eurozone gewarnt, sollte der Handelsstreit mit den USA eskalieren.
