Nach dem Abgasskandal bei Mercedes droht das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) dem Autohersteller mit der Stilllegung von Tausenden Dieselautos. Wie aus einem Schreiben des KBA an den Stuttgarter Konzern vom 5. Juli hervorgeht, sollen in einer Reihe von Fahrzeugen mit Abgasnorm 6 verbaute Motoren „unzulässige Abschalteinrichtungen“ aufweisen. Das Schreiben wurde am Freitag von der Deutschen Umwelthilfe (DUH) veröffentlicht.
Die Motoren der fraglichen Reihe „OM 642“ standen bereits im Visier der Behörde und Mercedes musste nachbessern. Dies sei vom KBA „geprüft“ und „genehmigt“ worden, heißt es in dem Schreiben. Bei weiteren Untersuchungen seien aber weitere Softwarestrategien als „kritische bzw. unzulässige Abschalteinrichtungen“ bewertet worden. Deren Funktion listet die Behörde im weiteren Schreiben detailliert auf.
Nach Dieselskandal: Mercedes bittet um Fristverlängerung
Das KBA ruft Mercedes auf, bis Ende Juli mitzuteilen, wie die Probleme gelöst werden können, ansonsten drohe eine „Betriebsuntersagung“ – die Stilllegung der Fahrzeuge. Laut Spiegel erbat das Unternehmen eine Fristverlängerung, Ende September ist ein Treffen mit KBA-Vertretern angesetzt. Der Hersteller dürfte dann Softwareupdates vorschlagen, für die die Fahrzeuge in die Werkstatt gebracht werden müssten.
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat seit Bekanntwerden des Dieselskandals eine Reihe von Funktionen von Motoren für unzulässig erklärt. Bei Abschalteinrichtungen wird die Abgasreinigung des Motors ausgeschaltet. Laut EuGH ist dies nur zulässig, wenn andernfalls nachweislich der Motor geschädigt werden könnte.
DUH: „konspirative Zusammenarbeit“ zwischen Konzernen und Wissing
Die DUH, die gegen den Einsatz von Abschalteinrichtungen geklagt und von der europäischen Justiz recht bekommen hatte, kritisiert, dass in Deutschland weiterhin knapp zehn Millionen Diesel-Pkw mit illegalen Softwareeinstellungen unterwegs seien. Das KBA-Schreiben an Mercedes sei der Umweltorganisation von einem „Whistleblower“ zugespielt worden.
Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) und dem KBA werfen die Aktivisten „konspirative Zusammenarbeit“ mit den Autokonzernen vor und führen unter anderem an, dass für Verbraucher relevante Informationen wie die in dem Schreiben an Mercedes angesprochenen Abgasmanipulationen unter Verschluss gehalten würden. Der EuGH hatte erst im Juni in einem Grundsatzurteil entschieden, dass Fahrern von abgasmanipulierten Dieselfahrzeugen Entschädigung zustehen kann.

