China hat nach Informationen der Nachrichtenagentur Reuters in den letzten Tagen zeitweise mehr als 100 Marine- und Küstenwachschiffe gleichzeitig in ostasiatischen Gewässern eingesetzt. Sicherheitskreise und Geheimdienstberichte, die Reuters einsehen konnte, deuten darauf hin, dass die Schiffe vom Gelben Meer über das Ostchinesische Meer bis in den umstrittenen Südchinesischen Meer und Teile des Westpazifiks operierten. Es handelt sich um die bisher größte bekannte Konzentration chinesischer Seestreitkräfte.
Einige der Einheiten sollen Scheinangriffe und sogenannte „Anti Access/Area Denial“ (A2/AD) Manöver durchgeführt haben, die darauf abzielen, gegnerische Kräfte an Interventionen zu hindern, so ein Insider gegenüber Reuters. Offiziell spricht Peking von „Routineübungen“, die in die traditionell aktive Phase für chinesische Militärmanöver zum Jahresende fallen.
Beobachter sehen in dem Aufmarsch jedoch eine Machtdemonstration vor dem Hintergrund verschärfter diplomatischer Spannungen mit Japan wegen Äußerungen der japanischen Premierministerin Sanae Takaichi zu Taiwan, berichtet Reuters. Auch die Ankündigung Taiwans, 40 Milliarden US-Dollar zusätzlich in die Verteidigung zu investieren, dürfte zu dem Säbelrasseln beigetragen haben.
Immer wieder kommt es zu militärischen Aktionen vor Taiwan
Die jüngste Flottenkonzentration reiht sich ein in eine Serie von Meilensteinen beim Ausbau der chinesischen Seestreitkräfte. Laut Analysen des US-Verteidigungsministeriums und des Kongressforschungsdienstes CRS, die Reuters vorliegen, verfügt die Marine der Volksbefreiungsarmee (PLAN) inzwischen über mehr als 370 größere Kriegsschiffe und ist damit die größte Flotte der Welt nach Schiffszahl. Bis 2030 könnte sie demnach auf rund 435 Einheiten anwachsen.
Neben schieren Stückzahlen setzt China zunehmend auf technologische Fortschritte: Am 5. November wurde mit der „Fujian“ der dritte und bislang modernste Flugzeugträger des Landes mit elektromagnetischen Katapulten in Dienst gestellt, wie das chinesische Verteidigungsministerium mitteilte. Während der Erprobung in den Vorjahren starteten und landeten von dem Schiff bereits J-35 Tarnkappen-Jets, J-15T Jäger und das neue KJ-600 Frühwarnflugzeug, berichtete das Fachportal Naval News.
Experten sehen in dem massiven Ausbau der chinesischen Seestreitkräfte eine langfristige Strategie mit mehreren Zielen: die Sicherung der Vormachtstellung im Umfeld der sogenannten „ersten Inselkette“ von Japan über Taiwan bis zu den Philippinen, die Stärkung militärischer Optionen gegenüber Taiwan und die Ausweitung der Einflusssphäre im Indo-Pazifik.
Sorge von Anrainerstaaten
Die Anrainerstaaten im Ost- und Südchinesischen Meer sowie die USA beobachten den rasanten chinesischen Flottenaufbau mit Sorge. Japan hat seine Verteidigungskooperation mit den USA und Australien verstärkt und sieht seit 2023 erstmals präventive Schlagfähigkeiten vor, meldet Reuters. Die USA haben ihre Marinepräsenz im Westpazifik dauerhaft erhöht und arbeiten an einem Ausbau von Verteidigungsbündnissen wie der „Quad“ mit Japan, Indien und Australien.
