Das schwedische Energieunternehmen Vattenfall hat nun alle Anteile seines Fernwärmenetzes an das Land Berlin übertragen. Wie das Unternehmen Donnerstag mitteilte, sind alle zugehörigen Kraftwerke, Netze sowie die Tochtergesellschaften und die rund 1800 Beschäftigten mit dem Inkrafttreten des Vertrages wieder Teil der landeseigenen Gesellschaft. Das Berliner Fernwärmenetz wird nun unter dem Namen Berliner Energie und Wärme (BEW) betrieben.
Bereits im Dezember wurden die entsprechenden Verträge unterschrieben. Anfang April erteilte dann das Bundeskartellamt die Freigabe für den 1,4-Milliarden-Kauf. Auf dieses Ziel hat das Land Berlin zwei Jahre lang intensiv hingearbeitet. „Vattenfall übergibt heute sein Berliner Wärmegeschäft an das Land Berlin, das sich dazu bekannt hat, den von Vattenfall schon vor vielen Jahren eingeschlagenen Weg der Berliner Energiewende und die Dekarbonisierung des deutschen Wärmegeschäfts fortzusetzen“, so die Präsidentin und Vorstandsvorsitzende von Vattenfall.
In Berlin werden durch Vattenfall rund 1,4 Millionen Wohneinheiten mit Warmwasser und Wärme versorgt. Zusätzlich bedient das Unternehmen zehn große Heizkraftwerke sowie 105 kleinere Blockheizkraftwerke. Insgesamt beträgt die Gesamtlänge des Wärmenetzes knapp 2000 Kilometer.
Wir haben unser Berliner Wärmegeschäft an das Land Berlin übertragen. Rund 1.800 Beschäftigte sind nun für eine landeseigene Gesellschaft tätig, und wir danken herzlich für ihren Einsatz. Wir bleiben ein wichtiger Akteur der #Energiewende. @SenWiEnBe https://t.co/UcyOD3bSk3
— Vattenfall Deutschland (@Vattenfall_De) May 2, 2024
Berlin übernimmt Fernwärme – Nächstes Ziel: Verzicht auf Kohle und Gas
Nach dem Kauf des Fernwärmenetzes steht das Land Berlin nun vor der Aufgabe, die Wärmeerzeugung von Steinkohle und Gas unabhängiger zu machen. „Im Moment haben wir 95 Prozent Steinkohle und Erdgas, 5 Prozent erneuerbare Energieträger. Das muss sich ändern“, sagte Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey (SPD) am Freitag. „Berlin wird nicht klimaneutral, wenn die Wärmeversorgung nicht klimaneutral wird.“
Der Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU) sprach von einem historischen Tag. „Die Dekarbonisierung der Fernwärme ist für die Klimaziele des Landes Berlin zentral. Der Wärmesektor ist für rund die Hälfte der CO2-Emissionen verantwortlich“, sagte Wegner. Bis spätestens 2045 will der Senat die Hauptstadt klimaneutral aufstellen - für Fortschritte bei der Dekarbonisierung der Wärmeversorgung bleibt also nicht allzu viel Zeit.
Entsprechend muss schnell investiert werden, zum Kaufpreis von 1,4 Milliarden Euro kommen in den nächsten Jahren absehbar weitere, hohe Kosten hinzu. „Die Herausforderung bei diesem Umbau der Fernwärme ist, dass man auf sehr viele unterschiedliche Quellen der Wärmeerzeugung setzen muss“, sagte der Energiespezialist Felix Matthes vom Öko-Institut in Freiburg im RBB-Inforadio.
„Das heißt, das Fernwärmenetz, was heute im Kern die Funktion hat, von großen Kraftwerken Wärme zu den Verbrauchern zu bringen, wird auch in Zukunft noch ein paar große Kraftwerke haben“, sagte Matthes. Allerdings werde man zusätzlich auch auf viele kleine Anbieter setzen und unterschiedliche Wärmequellen nutzen müssen. Senatorin Giffey nannte für den Energiemix Wasserstoff, Biomasse, Abwärme und auch Geothermie. „Die Wärme aus der Erde wird für die Berliner Fernwärmeversorgung ein ganz wichtiger Punkt sein“, sagte die SPD-Politikerin.
Mit dem Kauf des Fernwärmenetzes übernimmt das Land Berlin auch rund 2000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die bisher für die Vattenfall Wärme Berlin AG gearbeitet haben. Ebenfalls in gleicher Position übernommen wurde der Vorstandsvorsitzende Christian Feuerherd. Wer den Vorsitz des Aufsichtsrates übernimmt, ist noch nicht abschließend geklärt. Giffey warb dafür, dass sie qua Amt der Wirtschaftssenatorin diese Aufgabe übernehmen sollte.
Das Land Berlin hatte 1997 seine Anteile an der damaligen Bewag an private Investoren verkauft, später wurde die Bewag an Vattenfall veräußert. „Damals haben die politischen Verantwortlichen auch gesagt: „Wir wollen das Beste für die Stadt.“ Aber am Ende zeigt sich eben doch, dass die wesentlichen Güter der Daseinsvorsorge, Wasser, Strom, Wärme, in die öffentliche Hand gehören“, sagte Giffey.
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