Kinderarmut

Armut raubt Millionen Kindern in Deutschland die Zukunft: „Es fehlt am Nötigsten“

Ein Unicef-Bericht zeigt: 1,3 Millionen Kinder in Deutschland fehlt es am Nötigsten. Die Armut schränkt ihr Leben massiv ein und gefährdet ihre Entwicklung.

Kinderarmut in Deutschland
Kinderarmut in Deutschlanddpa

Für fast ein Zehntel aller Kinder in Deutschland ist Armut bittere Realität. Wie der Nachrichtensender n-tv unter Berufung auf einen aktuellen Bericht der Kinderhilfsorganisation Unicef meldet, können sich rund 1,3 Millionen Kinder hierzulande grundlegende Bedürfnisse wie vollwertige Mahlzeiten, ein zweites Paar Schuhe oder eine beheizte Wohnung nicht leisten. Das entspricht einem Anteil von neun Prozent aller Minderjährigen. Besonders alarmierend ist dem Bericht zufolge die Wohnsituation: 44 Prozent der armutsgefährdeten Kinder leben auf zu engem Raum. Noch prekärer gestaltet sich die Lage für die schätzungsweise 130.000 wohnungslosen Kinder in kommunaler Unterbringung sowie für Tausende Kinder in Unterkünften für Geflüchtete.

Im europäischen Vergleich schneidet Deutschland bei den Armutsfaktoren nicht gut ab, wie die Autorinnen und Autoren betonen. Wirtschaftlich starke Länder wie Norwegen oder Finnland, aber auch schwächere Staaten wie Slowenien oder Portugal erzielen bessere Ergebnisse. Die vom Deutschen Jugendinstitut im Auftrag von Unicef durchgeführte Untersuchung zeigt, dass sich Kinderarmut auf nahezu alle Lebensbereiche auswirkt.

Benachteiligung gefährdet Entwicklung

Armutsgefährdete Kinder lesen seltener Bücher, treiben weniger Sport und treffen seltener Freunde als Gleichaltrige aus finanziell stabilen Verhältnissen. Auch mangelt es ihnen häufiger an grundlegenden Fähigkeiten wie Gesundheitskompetenz. Hinzu kommen schlechtere Ernährungsgewohnheiten: Kinder aus benachteiligten Familien konsumieren öfter zuckerhaltige Getränke und Süßigkeiten, essen weniger Obst und Gemüse. Das Risiko für Übergewicht und Adipositas ist erhöht. Auffällig sind zudem die Ergebnisse zu psychischen Belastungen: Besonders Mädchen in der Pubertät sind häufig von stationär behandelten Störungen betroffen. Fast jedes dritte 15-jährige Mädchen fühlt sich einsam - bei den Jungen sind es 11 Prozent. Kinder aus ärmeren Familien leiden noch öfter unter Einsamkeit.

Um die Situation nachhaltig zu verbessern, empfiehlt das Autorenteam einen Sieben-Punkte-Plan. Dieser sieht unter anderem eine Stärkung von Familien, eine bessere Interessenvertretung der Kinder und die Vermittlung von Gesundheitskompetenzen in der Schule vor. Vor allem aber müssten die am stärksten benachteiligten Kinder gezielt gefördert werden, betonen die Experten. Als Vorbild könne das regional bereits eingeführte „Startchancen-Programm“ dienen, das über einen Sozialindex verstärkt in Schulen mit sozioökonomisch benachteiligter Schülerschaft investiert. Nur so habe jedes Kind eine Chance auf gutes Aufwachsen, so das Fazit.