Attentat

Anschlag in München: Haftbefehl gegen Täter Farhad N. erlassen

Der 24-jährige Afghane Farhad N. steuerte in München ein Auto in eine Verdi-Demo. Was wir bisher gesichert wissen.

Der Tatort in München nach dem Anschlag vom Donnerstag
Der Tatort in München nach dem Anschlag vom Donnerstagdpa

Nach dem Anschlag auf eine Gewerkschaftsdemonstration am Donnerstag in München ist der Tatverdächtige in Untersuchungshaft genommen worden. Ein Ermittlungsrichter erließ am Freitag gegen den 24-jährigen Afghanen Haftbefehl wegen versuchten Mordes in 39 Fällen und gefährlicher Körperverletzung, wie die Generalstaatsanwaltschaft München mitteilte.

Die Hinweise auf einen islamistischen Hintergrund verdichten sich derweils. Der 24-jährige verdächtige Afghane, Farhad N,. habe in seiner Vernehmung Äußerungen getätigt, die auf „eine religiöse Tatmotivation“ schließen ließen, sagte die Leitende Oberstaatsanwältin Gabriele Tilmann am Freitag in München. Hinweise auf eine Einbindung in islamistische Organisationen wie die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) gebe es allerdings nicht.

Es handle sich um eine vorläufige Einschätzung auf Grundlage der bisherigen Erkenntnisse, betonte Tilmann. Sie würde sich nach derzeitigem Stand aber „schon trauen, von einer islamistischen Tatmotivation zu sprechen“. Der Verdächtige habe eingeräumt, bewusst in die Demonstration gefahren zu sein und dafür eine „religiöse Motivation“ genannt. Bei der Festnahme durch Polizisten unmittelbar nach der Tat habe er zudem „Allahu Akbar“ gerufen.

Anschlag in München: Keine Hinweise auf psychische Erkrankung beim Täter

Der 24-jährige Beschuldigte war am Donnerstag mit einem Kleinwagen in eine Demonstration von Gewerkschaftsmitgliedern gefahren, die zu Fuß auf einer Straße im Innenstadtbereich unterwegs war. Nach Polizeiangaben vom Freitag wurden insgesamt 36 Menschen im Alter von zwei bis 60 Jahren verletzt. Zwei Betroffene erlitten schwerste Verletzungen und schwebten in Lebensgefahr, darunter ein Kind. Acht galten mit Stand vom Freitag als schwer verletzt.

Inzwischen ist auch klar, dass der festgenommene Tatverdächtige, ein 24 Jahre alter Afghane, nicht ausreisepflichtig war. Er war weder illegal im Land noch nur geduldet. Die Landeshauptstadt München habe ihm eine Aufenthaltserlaubnis sowie eine Arbeitserlaubnis erteilt, sagte Herrmann. „Er hat sich insofern rechtmäßig in München aufgehalten“, betonte der CSU-Politiker und korrigierte damit frühere Angaben. Zeitweilig habe der Mann auch eine Ausbildung gemacht, später als Ladendetektiv gearbeitet. Dem Bayerischen Rundfunk (BR) bestätigte Herrmann auch, dass gegen den Mann nicht wie irrtümlich mitgeteilt wegen Ladendiebstahls ermittelt wurde. Er sei als Ladendetektiv nur Zeuge eines Diebstahls gewesen.

Farhad N.: Attentäter von München war Bodybuilder, nicht polizeibekannt

Nach Angaben Tilmanns bezeichnete sich der Verdächtige selbst als religiös und betete unter anderem regelmäßig in einer Moschee. Er war in einem sozialen Netzwerk als Bodybuilder und selbsternannter Fitnessinfluencer aktiv, veröffentlichte dort jedoch auch Beiträge mit „religiösen Bezügen“. Auf seinem Handy seien darüber hinaus Whatsapp-Nachrichten mit „religiösen Äußerungen“ gefunden worden. Die Ermittlungen zu Hintergründen und Motiven liefen aber noch, ergänzte Tilmann. Die Behörden stünden erst „am Anfang“.“ Den Verfassungsschutzbehörden war der Mann nach Informationen der Süddeutschen Zeitung aus Sicherheitskreisen bisher nicht als Extremist bekannt.

Aber er verhielt sich auffällig in den sozialen Netzwerken: Nicht alle Videos, die mit seinem Glauben zu tun haben, sind harmlos: N. teilte auch Videos eines dubiosen Online-Salafisten aus Nordrhein-Westfalen mit mehreren Hunderttausend Followern. Belege für eine klare extremistische Gesinnung finden sich auf den ersten Blick jedoch nicht.

Farhad N. hielt islamische Fürbitte auf Social Media

Ein Eintrag macht allerdings stutzig. Er ist erst wenige Tage alt. N. steht im schwarzen Kurzarmhemd neben zwei jungen Männern an einem Waldstück. Dazu schreibt er mehrere islamische Fürbitten: „O Gott, führe uns immer auf den rechten Weg, o Gott, der Ramadan ist nahe. Mögen Muslime auf der ganzen Welt erfolgreich und stolz sein, führe sie alle.“

Er ist demnach auch nicht im Zusammenhang mit Gewaltdelikten aufgefallen. Farhad N. war Bodybuilder, trieb viel Sport. Ministerpräsident Söder sagt am Donnerstagabend: „Die äußeren Umstände sprechen nicht automatisch für eine klassische Attentäter-Situation.“ Und: „Bisherige extremistische Hintergründe sind jedenfalls auf den ersten Blick nicht so leicht erkennbar.“ Die Welt berichtet am Freitag, dass Farhad N. in ärztlicher Behandlung gewesen ist und an Halluzinationen litt.