Unglück im Hotel Dom Aquarée

„Die Fische hatten keine Chance“: Die wichtigsten Fakten zum Aquarium-Drama

Wie starben die Fische? Wer hat das Aquarium gebaut? Was sagen Experten? Antworten auf die wichtigsten Fragen zum zerschellten Aquadom im Überblick.

Trümmer liegen auf der Karl-Liebknecht-Straße vor einem Hotel. Im Radisson Blue stand der riesige Aquadom. 
Trümmer liegen auf der Karl-Liebknecht-Straße vor einem Hotel. Im Radisson Blue stand der riesige Aquadom. dpa/Christoph Söder

In Berlin-Mitte ist ein riesiges Aquarium in einem Hotel zerplatzt. Zwei Menschen wurden dabei verletzt. Noch ist die Ursache nicht geklärt. Doch die Berliner stellen sich nun viele Fragen. Die Berliner Zeitung hat die wichtigsten Fakten zum Unglück zusammengestellt.

Wie groß war das Aquarium Aquadom?

Der Aquadom war mit 16 Metern Höhe und 11,5 Metern Durchmesser das „größte freistehende zylindrische Aquarium der Welt“. Es wurde 2003 eröffnet und von Oktober 2019 bis Sommer 2020 umfassend modernisiert. Das Acrylglas war rund 20 Zentimeter dick. Es soll bis zu 2000 Tonnen schwer gewesen sein.

Wie groß war die Druckwelle, als das Aquarium zerplatzte?

Bei der Explosion des Aquariums wurden in Berlin am frühen Morgen erdbebenähnliche Signale gemessen. Wie die Webseite Erdbebennews.de schreibt, löste die Explosion „Schwingungen aus, die noch in 15 Kilometern Tiefe von Raspberry-Shake-Stationen gemessen wurden. Die stärksten Schwingungen entsprachen einer Magnitude von 1.2.“

Wie starben die Fische?

„Die Fische hatten keine Chance“, sagt Valeska Diemel vom BUND. Für die Expertin für Meeresschutz ist klar: Auch wenn manche Fische länger ohne Wasser überleben könnten, habe es hier am Morgen wenig Hoffnung gegeben, einzelne Fische zu retten. Nicht nur das fehlende Salzwasser sei das Problem: „Wenn so ein riesiger Tank ausläuft, dann verletzen sich viele Fische natürlich.“ Allein der Schock könne in einem solchen Fall zum Tod führen. Und selbst wenn man schnell einige Fische gerettet und umgesetzt hätte, wären manche vielleicht danach an den Langzeitfolgen des Schocks gestorben.

Außerdem habe es sich um ein Salz- und Warmwasser-Aquarium gehandelt. „Der plötzliche Temperaturunterschied ist sehr wahrscheinlich tödlich“, sagt Diemel, „denn das sind Temperaturen, die die Fische nicht kennen und auch nicht gut aushalten können. Draußen waren es gestern ja Minus Sieben Grad unter Null. Wenn man da nicht sofort handelt und Eimer mit Meerwasser griffbereit hat, hat man keine Chance. Man kann die Fische auch nicht einfach in Leitungswasser setzen.“ Die einzigen Arten, die so einen Unfall vielleicht überleben würden, seien spezialisierte Arten, die über Land wandern können, die also etwas Amphibisches haben, Aale zum Beispiel, die können über die Haut weiteratmen. „Aber so ein sensibler Nemo, aus dem Warmwasser, der hat keine Chance.“

Was sagen Tierschützer zum zerplatzten Aquarium?

Die Tierschutzorganisation Peta prüft bereits rechtliche Schritte gegen den Betreiber. Zudem fordert Peta ein Verbot neuer Aquarienprojekte. In einem Statement der Organisation heißt es: „Der Aquadom hat sich gestern Nacht in eine Todesfalle für alle dort eingesperrten Lebewesen verwandelt.“ Und weiter: „Diese menschengemachte Tragödie zeigt, dass Aquarien kein sicherer Ort für Fische und andere Meerestiere sind.“ Der Aquadom dürfe nicht wiederaufgebaut werden.

Die Berliner Feuerwehr sichert die Unfallstelle am Aquadom.
Die Berliner Feuerwehr sichert die Unfallstelle am Aquadom.AFP/John MacDougall

Kann auch das heimische Aquarium im Wohnzimmer zerplatzen?

Harald Pohl vom Berliner Aquaristik-Dienstleister Flossenheld hält es für ausgeschlossen, dass das handelsübliche Aquarium einfach so zerplatzen kann, „wenn es richtig gemacht ist“. Er selbst kenne den Aquadom sehr gut, da er den Aufzug bedient habe. „Es ist traurig“, so Pohl. Dass ein handelsübliches Aquarien in der Form platzen könne sei unwahrscheinlich. Allerdings könne das heimische Aquarium Leck schlagen, wenn Silikonnähte nicht halten. Auch würden Aquarien häufig durch Unachtsamkeit – beispielsweise beim Hantieren mit einem Staubsauger – zerstört. 

Was war die Ursache für das Zerplatzen des Aquariums?

„Die Ermittlungen zur Ursache sind natürlich noch nicht abgeschlossen, erste Anzeichen deuten jedoch auf eine Materialermüdung“, sagte Berlins Innensenatorin Iris Spranger (SPD) am Freitag der Deutschen Presse-Agentur.

Auch in der Vergangenheit waren zuweilen Aquarien geplatzt – wenn auch nicht so riesige wie jetzt in Berlin. Im Dezember 2012 etwa riss das mehrere Zentimeter dicke Glas eines Open-Air-Haifischbeckens in einem Einkaufszentrum im chinesischen Shanghai. Verletzt wurden 16 Menschen. Ursache war wohl eine Kombination aus Minustemperaturen, warmem Wasser und schwachem Material. Im Februar 1997 barst Medien zufolge ein Haifisch-Tank im Sydney Aquarium und verletzte mindestens eine Frau. Experten kritisierten, das Glas sei zu dünn gewesen.

Wie teuer waren die Modernisierungsarbeiten?

Das Aquarium wurde kürzlich für 2,6 Millionen Euro saniert und grundgereinigt.

Wer hat das Aquarium gebaut?

Die International Concept Management (ICM) aus Junction/Colorado beherrschte zumindest damals als einziges Unternehmen weltweit die Technik, solche Aquarien aus Acryl zu bauen. Die zwölf Einzelteile des äußeren und die drei Teile des inneren Zylinders wurden in Übersee gegossen, in Stahlrahmen gespannt und auf dem Seeweg nach Berlin gebracht. Auf der Baustelle waren ungewöhnliche Vorkehrungen zu treffen, um die bis zu zehn Tonnen schweren und acht Meter langen Paneele fugenlos zusammenzufügen. Logistik und Bauleistungen übernahm das Stuttgarter Bauunternehmen Müller-Altvatter. Dieses Unternehmen existiert nicht mehr. ICM sitzt inzwischen in Hongkong, dort war aufgrund der Zeitverschiebung niemand mehr zu erreichen. Das Unternehmen hat seither überall auf der Welt viele solche Aquarien gebaut, auch in Shoppingmalls und Hotels. Drei Aquarien im Sieben-Sterne-Hotel Burj-al-Arab in Dubai etwa, eines davon in einem der Hotelrestaurants. Hier speist man neben Haien. Aber auch in Griechenland, Litauen, China, Russland und Brasilien gibt es Aquarien von ICM.

Wer war Architekt des Aquariums?

Forbes Russia meldet, dass das Aquarium vom Büro des russischstämmigen Architekten Sergej Tschoban projektiert wurde, das Architektenbüro heißt Tchoban Voss. Tschoban lebt und arbeitet seit 1991 in Deutschland und ist deutscher Staatsbürger. 

(mit dpa)