Es fing mit einem Paar Socken an. Aus Alpakawolle. Alpakas leben in den Anden, es handelt sich um eine Kamelart, deren Wolle aus Fasern besteht, die innen hohl sind. Das las ich später nach. Alpakawolle soll Wärme besonders gut isolieren. Schon als ich die Socken im Laden in die Hand nahm, stieg ein beruhigendes Gefühl in mir auf. Ich erwog, gleich zwei Paar in den Einkaufskorb zu legen. Meine Wohnung hat Dielen und ist ziemlich fußkalt, vor allem, wenn die Nachbarin unter mir nicht heizt.
Seit die Energiekrise ausgebrochen ist, gebe ich so viel Geld aus wie lange nicht, muss ich gestehen. Allerdings bisher nicht für meine Strom-oder Heizrechnungen. Mein Stromanbieter und mein Vermieter haben die Abschläge noch gar nicht erhöht. Ich gebe das Geld aus, um Energie sparen zu können.
Ich beließ es bei einem Paar Socken, ging aber in die Abteilung, in der es Funktionsunterwäsche aus Merinowolle gibt. Der Laden war ein Kaufhaus für Outdoor-Ausrüstung. Ich habe mich jahrzehntelang geweigert, solche Geschäfte zu betreten, das Wort Funktionskleidung überhaupt auszusprechen, aber in den letzten Jahren festgestellt, dass ich gern wandern gehe. Und das mehr Spaß macht, wenn man Wanderschuhe trägt. Und einen Wanderrucksack. Nun aber ging es nicht um einen Ausflug, sondern um den deutschen Herbst 2022.
Funktionsunterwäsche, es fällt mir schwer, das zuzugeben
Funktionsunterwäsche könnte das Unwort des Jahres werden, finde ich. Trotzdem rang ich mich dazu durch, ein langärmliges T-Shirt anzuprobieren, das hier Baselayer genannt wurde. Basisschicht. Es müsse körpernah getragen werden, sagte die Verkäuferin. Immerhin war es schwarz und kratzte nicht. Das sei der große Vorteil von Merinowolle, las ich später nach. Die Fasern, die das Merinoschaf produziert, seien sehr fein. Man soll beim Kauf von Merinoprodukten darauf achten, dass der Tierschutz eingehalten wird und die Schafe von ihren Haltern nicht verstümmelt werden. Zum Glück hatte das T-Shirt ein Tierschutzsiegel.
Ich kaufte die Socken, das Shirt und bestellte später auch noch eine Unterhose aus Merinowolle. Eine lange Funktionsunterhose. Es fällt mir nicht leicht, das öffentlich zuzugeben. Erst dachte ich, dass ich für die Einkäufe die Energiepauschale verwenden könnte, das Hilfsgeld von der Bundesregierung. Das reichte allerdings nicht.
Wahrscheinlich hätte ich das Geld auch verheizen können. Aber ich will helfen, die Gasspeicher in Deutschland gefüllt zu halten, die Ermahnungen der Politiker machen mir Druck. Wenn ich es durchhalte, Funktionsunterwäsche zu tragen, könnte sich die Anschaffung in den nächsten Jahren außerdem auch finanziell lohnen, die Sachen sollen sehr langlebig sein. Wenn man sie nicht zu oft wasche, sagte mir jemand.
Nach Gefühl heizen, als wäre noch 2021
In dieser Woche habe ich Zimmerthermometer bestellt, die auch die Luftfeuchtigkeit messen, um nicht mehr nach Gefühl zu heizen, so als wäre noch 2021. Außerdem denke ich darüber nach, mir ein Notfallradio anzuschaffen. Ich glaube zwar nicht an den großen Blackout, aber zwei Kolleginnen haben diese Radios jetzt auch. Man kann sie mit Solarzellen oder einer Kurbel aufladen.

